IMZ-Newsletter #53 September 2022
BEITRÄGE ZUR STAATSBÜRGERSCHAFT
- RESTRIKTIV ZUM SCHADEN ALLER
Der Politikwissenschafter Dr. Gerd Valchars zum österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz - WIE WIRD MAN ÖSTERREICHER:IN?
Der Leiter der Staatsbürgerschaftsabteilung Dr. Martin Plunger klärt auf - WIE VIELE „NEUE ÖSTERREICHER:INNEN“ GIBT ES PRO JAHR?
Überblick zur Verleihstatistik der österreichischen Staatsbürgerschaft - GEFÄLLT UNS DAS?
Konsequenzen aus dem österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz - WAS SAGEN "UNSERE LEUT" ZUM THEMA STAATSBÜRGERSCHAFT?
Ergebnisse einer Befragung der ZeMiT-Klient:innen - HILFE FÜR DEN HÜRDENLAUF: DIESE APP MACHT ÖSTERREICHER:INNEN
BEITRÄGE ZUR WAHL
- AUFRUF ZUR PASS EGAL WAHL
- HALTUNG BITTE!
ZeMiT und ARAtirol melden sich zum aktuellen Wahlkampf zu Wort - ARATIROL KRITISIERT DIE ÖFFENTLICHE HAUSKUNDMACHUNG DER WAHLBERECHTIGTEN
- BLACK VOICES
Die letzte Eintragungswoche für das Volksbegehren gegen Rassismus läuft
Neues aus der BIM
Neu im IMZ-Studienportal
und wie immer
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RESTRIKTIV ZUM SCHADEN ALLER
Gerd Valchars
Österreich hat das restriktivste Staatsbürgerschaftsrecht Europas. Beim aktuellen Migrant Integration Policy Index (MIPEX), der nationale Integrationspolitiken ausgewählter Staaten misst und miteinander vergleicht, rangiert Österreich beim Zugang zur Staatsbürgerschaft mit 13 von 100 Punkten (gemeinsam mit Bulgarien) am letzten Platz.
In keinem anderen europäischen Land ist es schwieriger, die nationale Staatsbürgerschaft zu erwerben. Staaten wie die Schweiz (28 Punkte) und Deutschland (42) liegen weit entfernt, ebenso der EU-Durchschnittswert (40); Schweden und Portugal (83 bzw. 86), die europäischen Vorzeigeländer, oder etwa Neuseeland (92), das das Ranking insgesamt anführt, gar Lichtjahre. Hinter Österreich liegen in dem Vergleich von insgesamt 56 Staaten weltweit (darunter alle europäischen Staaten) nur zwei Länder: die Vereinigten Arabischen Emirate (9) und Saudi Arabien (0).
Diese Ergebnisse sind keinesfalls überraschend: Seit den 1990er-Jahren wurde das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz wiederholt novelliert und dabei fast ausschließlich verschärft. Österreich entfernte sich so schrittweise von den übrigen westeuropäischen Staaten mit vergleichbarem Migrationsgeschehen und rückte an das restriktive Ende des Vergleichsspektrums.
Der ausschließende Charakter des Gesetzes zieht sich heute wie ein roter Faden quer durch die Paragraphen und erfasst die unterschiedlichsten Bereiche. Da ist zuallererst die Einbürgerung zu nennen, bei der eine ganze Reihe von vergleichsweise strengen Voraussetzungen mit wenigen Ausnahmen und exorbitant hohen Gebühren für Anstragsteller:innen oft zu unüberwindbaren Hürden werden. Ausschluss produziert aber auch die Regelung für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft bei Geburt. Kinder erhalten die Staatsbürgerschaft durch Abstammung von österreichischen Eltern, Kinder nicht-österreichischer Eltern, die in Österreich zur Welt kommen, gelten hingegen rechtlich als „fremd“. Das trifft mehr als ein Fünftel aller Neugeborenen in Österreich, mehr als 17.000 Kinder jedes Jahr. Das hat dazu geführt, dass derzeit 250.000 Kinder und Erwachsene in Österreich leben, die zwar in diesem Land geboren wurden, aber nicht die Staatsbürgerschaft dieses Landes besitzen. Wollen sie Österreicher:innen werden, bleibt ihnen nur der Weg über die Einbürgerung und sie müssen dabei (abgesehen von einer verkürzten Aufenthaltsfrist) im Wesentlichen dieselben strengen Kriterien erfüllen, wie sie für Migrant:innen gelten.
Ganz besonders betroffen von diesem Zusammenspiel von restriktiver Einbürgerung und restriktiven Erwerb bei Geburt sind in Österreich staatenlos geborene Kinder. Sie erben die Staatenlosigkeit meist von ihren Eltern, eine erleichterte Einbürgerung, bei der sie (bzw. ihre Eltern) beispielsweise das hohe Einkommenskriterium nicht erfüllen müssen, räumt ihnen Österreich aber erst ab 18 und dann nur für zwei Jahre ein. Bis dahin – und wer das knappe Zeitfenster verpasst, darüber hinaus – droht Betroffenen, in der Staatenlosigkeit stecken zu bleiben.
Restriktiv ist Österreich schließlich außerdem bei Doppelstaatsbürgerschaften. Die Rücklegung der bisherigen Staatsbürgerschaften gilt im Regelfall als Bedingung für eine Einbürgerung und wer als Österreicher:in eine weitere Staatsbürgerschaft annimmt, verliert die österreichische. Migrant:innen müssen also Rechte in ihrer alten Heimat aufgeben, um Rechte in der neuen Heimat zugestanden zu bekommen. Der Zwang zum Entweder-oder, wo auch ein Sowohl-als-auch leicht möglich wäre, erzeugt eine weitere Hürde bei der Einbürgerung und damit Ausschluss.
Lösungen für all diese Probleme liegen auf dem Tisch und sind anderswo zum Teil schon lange Gesetz. Eine ganze Reihe europäischer Staaten beispielsweise kommt ohne jegliches Einkommenskriterium – das in Österreich eine so große Hürde darstellt – oder mit einer deutlich kürzen Aufenthaltsfrist aus; Deutschland hat bereits 1999 seine Abstammungsregel durch eine Geburtslandregel ergänzt, sodass unter bestimmten Bedingungen auch Kinder nicht-deutscher Eltern bei einer Geburt in Deutschland automatisch auch die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben und die Entstehung von Doppelstaatsbürgerschaften bei der Einbürgerung ist heute in der Mehrheit aller Staaten weltweit akzeptiert. Alleine: es fehlt der politische Wille. Die Verschärfungen im Staatsbürgerschaftsgesetz der letzten zwanzig Jahre erfolgten unter verschiedenen Regierungskonstellationen, von rot-schwarz, über schwarz-blau/orange und erneut rot-schwarz bis hin zu türkis-blau; in der aktuellen türkis-grünen Koalition sind laut Regierungsübereinkommen keine weiteren Verschärfungen, aber auch keinerlei Erleichterungen geplant. Die politische Konstante über all diese Zeit war und ist die rechtskonservative ÖVP, und mit ihr die Vorstellung von der österreichischen Staatsbürgerschaft als „hohes Gut“, das man sich als Migrant:in erst verdienen müsse. Auf Kritik war man geradezu stolz, Studienergebnisse, die das Gesetz zuerst als eines der restriktivsten Europas und später als das restriktivste schlechthin auswiesen, nahm man als Auszeichnung und Bestätigung. Damit einher geht Zweierlei: Staatsbürgerschaftspolitik war zunehmend zu einem Instrument symbolischer Politik geworden, mit deren Hilfe man glaubte, rechte Wähler:innen halten oder zurückgewinnen zu können. Auf der anderen Seite gerieten grundsätzliche demokratietheoretische und gesamtgesellschaftliche Überlegungen – wem gegenüber sind in einem demokratischen Gemeinwesen Zugehörigkeit, Gleichberechtigung und politische Mitsprache zu gewähren, also: wer hat das legitime Recht auf eine Staatsbürgerschaft? – völlig aus dem Blick geraten. Und das zum Schaden aller: zuallererst der Betroffenen selbst, die durch den Restriktivismus des Gesetzes unmittelbar Ausschluss erfahren und denen Rechte vorenthalten werden; und nicht zuletzt zum Schaden der Demokratie, die kein Abbild der Gesellschaft und ihrer Interessen mehr sein kann, sondern zu einem krassen sozialen Zerrbild verkommen ist.
Gerd Valchars ist Politikwissenschafter und Länderexperte Österreich des Global Citizenship Observatory (GLOBALCIT) am Europäischen Hochschulinstitut (EUI) Florenz. Aktuelle Publikation: Gerd Valchars/Rainer Bauböck (2021): Migration und Staatsbürgerschaft. Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Als Open Access Publikation hier abrufbar.
Dieser Text ist eine aktualisierte Fassung eines Kommentars erschienen in asyl aktuell 1/2021.
WIE WIRD MAN ÖSTERREICHER:IN?
Der Leiter der Staatsbürgerschaftsabteilung Dr. Martin Plunger beantwortet unsere Fragen und klärt auf. Wir danken herzlich für den Beitrag!
1. Welche Voraussetzungen müssen ausländische Staatsbürger:innen erfüllen, um die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen? Seit wann gelten diese Voraussetzungen? Wie war es davor?
Kurz gesagt gibt es fünf wesentliche Verleihungsvoraussetzungen, nämlich: Erfüllung einer bestimmten Anwartschaftszeit (sechs bzw. zehn Jahre); Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache sowie von Kenntnissen der Geschichte und der demokratischen Ordnung; Nachweis eines gesicherten Lebensunterhaltes; "Unbescholtenheit" (keine gerichtlichen Verurteilungen oder schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen); Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband. Diese Darstellung ist freilich stark verkürzt, da das geltende Staatsbürgerschaftsgesetz diverse Ausnahmen von manchen dieser Grundsätze vorsieht. Dieses Gesetz stammt in seinen Grundzügen aus dem Jahr 1965. Es wurde im Jahr 1985 wiederverlautbart und 2006 wesentlich reformiert, insbesondere hinsichtlich der
Anwartschaftszeit, des Nachweises der Sprachkenntnisse und des Nachweises des gesicherten Lebensunterhaltes.
2. Wie läuft das Prozedere der Antragstellung, Erbringung der notwendigen Anforderungen und
Verleihung ab? Findet die Verleihung in einem besonderen Rahmen statt? (Wer verleiht? Gibt es ein „Geschenk“?)
Wir führen mit allen Personen vor der eigentlichen Antragstellung ein Beratungsgespräch, um die individuellen Voraussetzungen für die Verleihung und die notwendigen Unterlagen genau abzuklären. Dies ist aus dem Grund sinnvoll, da insbesondere abhängig von der jeweiligen Familiensituation und
den Einkommensquellen (selbständig/unselbständig) unterschiedliche Dokumente benötigt werden. Nach der eigentlichen Antragstellung werden von uns bei verschiedenen Behörden Ermittlungen durchgeführt. Wenn nach Abschluss der Ermittlungen feststeht, dass die Verleihungsvoraussetzungen
vorliegen, wird ein Zusicherungsbescheid ausgestellt, damit die Antragsteller*innen ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft aufgeben können. Anschließend erfolgt die Verleihung (bzw. in jenen Fällen, in denen das Ausscheiden nachweislich nicht möglich ist, ohne Erlassung eines Zusicherungsbescheides). Diese findet im Rahmen eines Festaktes statt, bei dem die Einbürgerungsurkunden (Bescheide über die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft) übergeben werden. Meistens ist dabei das zuständige Regierungsmitglied anwesend. Wir haben für die Teilnehmer*innen im Anschluss Getränke vorbereitet. Geschenke gibt es keine.
4. Was sind die Gründe, warum Antragsteller:innen den Prozess abbrechen bzw. nicht erfolgreich abschließen können? Wie hoch ist die drop-out Quote?
Die "drop-out Quote" ist gering, da wir in den allermeisten Fällen bereits beim Beratungsgespräch sagen können, ob die Antragstellung erfolgversprechend ist oder (derzeit noch) nicht. Nicht ausreichendes Einkommen (bzw. Mindestsicherungsbezug) ist der häufigste Grund. Seltener mangelnde "Verlässlichkeit" aufgrund von Vorstrafen oder schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen. Häufig auch mangelnde Mitwirkung am Verfahren, indem nach der Antragstellung keine weitere Kontaktaufnahme mit dem/der Antragsteller/in möglich ist und benötigte Unterlagen nicht vorgelegt werden.
5. Ergeben sich rund um das Thema Doppelstaatsbürgerschaft Schwierigkeiten? Wie erfolgt die Rücklegung der „alten“ Staatsbürgerschaft? Wie wird das bei anerkannten Flüchtlingen gelöst?
Das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband erfolgt durch entsprechende Antragstellung bei den Heimatbehörden. Asylberechtigte müssen nicht ausscheiden.
6. Auf der Homepage der Abteilung gibt es ein Leitbild, welches für die Ausrichtung der Abteilung und die Arbeit der Mitarbeiter:innen als Grundlage und Anspruch dienen soll.
a. Wie kam es zur Entwicklung des Leitbildes?
b. „Serviceorientierung“ und „bürgerfreundliche Ausrichtung des Ermessensspielraums“ werden im Leitbild explizit als Grundlagen der Verwaltungsarbeit genannt. Wie zufrieden sind Sie in diesem Bereich mit der Umsetzung?
Das Leitbild wurde von meiner Vorgängerin als Abteilungsvorständin gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer externen Begleitung erarbeitet. Wir sehen unsere AntragstellerInnen als KundInnen, letztendlich erbringen wir auch als Behörde eine Dienstleistung. Unsere Serviceorientierung kommt darin zum Ausdruck, dass wir versuchen, alle unsere Verfahren so schnell wie möglich in objektiver und freundlicher Weise abzuwickeln. Hier stehen wir meiner Meinung
nach im Vergleich mit anderen Bundesländern sehr gut da. Dabei sind wir freilich, wie angeführt, auf die Mithilfe der Antragstellerinnen und Antragsteller angewiesen. Ermessensspielräume gewährt das aktuelle Staatsbürgerschaftsrecht kaum.
7. Im Rahmen des Migrant Integration Policy Index 2020 landete Österreich beim Zugang zur Staatsbürgerschaft bei einem internationalen Vergleich von insgesamt 52 Ländern auf fünf Kontinenten mit 13 von 100 Punkten (gemeinsam mit Bulgarien) am letzten Platz. Generell wird Österreichs Integrationspolitik als unzureichend beschrieben und als Ansatz eingestuft, der lediglich eine „temporäre Integration“ ohne langfristige Sicherheit für Nicht-.EU-Bürger:innen ermöglicht. Vor allem bei der Familienzusammenführung, dem Zugang zur Staatsbürgerschaft (in der Regel erst nach 10 Jahren Aufenthalt möglich, Doppelstaatsbürgerschaft sind ausgeschlossen) und der politischen Partizipation gibt es große Hindernisse. Österreich liegt in
der gesamten Betrachtung an der 37 Stelle von 52 Staaten, unter dem EU Durchschnitt.
a) Welche Erleichterung im Rahmen des Staatsbürgerschaftsgesetzes wären Ihrer Meinung nach möglich?
b) Haben Sie als Leiter der zuständigen Verwaltungseinheit Hoffnung, dass sich Österreich hier offener und integrationswilliger zeigt oder sehen Sie mögliche Erleichterungen skeptisch?
Diese Fragen haben einen staats- und gesellschaftspolitischen Hintergrund, zu dem ich als
Vollzugsorgan nichts sagen möchte.
WIE VIELE „NEUE ÖSTERREICHER:INNEN“ GIBT ES PRO JAHR?
Überblick zur Verleihstatistik der österreichischen Staatsbürgerschaft
2021 kamen in Österreich 86.078 Babies zur Welt. 17.266 davon hatten keine österreichische Staatsbürgerschaft – die österreichische Gesetzgebung legt fest, dass Kinder die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern bekommen (Abstammungsprinzip) und nicht automatisch Staatsbürger:innen ihres Geburtslandes (Herkunftsprinzip) sind. 68.812 neue Österreicher:innen gab es 2021 also qua Geburt.
Durch Verleihung kamen 2021 österreichweit 9.723 neue Österreicher:innen dazu, ein Drittel davon war bereits in Österreich geboren. Zusätzlich wurden 6.448 österreichische Staatsbürgerschaften an Personen mit Wohnsitz im Ausland verliehen. Diese vergleichsweise hohe Zahl ist vorrangig auf Einbürgerungen nach §58c StbG zurückzuführen. Unter diesem Rechtstitel haben NS-Opfer und deren Nachkommen seit 2019 die Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft durch Anzeige zu erwerben.
Q: STATISTIK AUSTRIA, Statistik der Einbürgerungen. Erstellt am 18.08.2022. Eigene Darstellung (15.09.2022)
Auch beim Blick auf die Herkunftsländer zeigt sich diese neue Gesetzgebung deutlich. Berücksichtigt sind in der Grafik alle jene Länder, die 2021 einen höheren Wert als 300 aufweisen. Israel (2.653) und die USA (1.659) führen die Statistik deutlich an und verzeichnen im Vergleich zu den Vorjahren eine abrupte Steigerung, die eindeutig auf Einbürgerungen nach §58c StbG zurückzuführen sind. Die Türkei, Bosnien-Herzegowina, Serbien, der Kosovo, Rumänien und die Russische Föderation sind seit Jahren konstant wichtige Größen, betrachtet man die bisherigen Staatsangehörigkeiten von „neuen Österreicher:innen“. Afghanistan, Syrien und der Iran gewinnen seit 2016 kontinuierlich an Bedeutung.
Q: STATISTIK AUSTRIA, Statistik der Einbürgerungen. Erstellt am 17.02.2022. Eigene Darstellung (15.09.2022)
Ein Blick auf die letzten 40 Jahre zeigt, dass die zunehmenden Verschärfungen im Österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz seit 1998 deutliche Auswirkungen auf die Statistik haben. Gegen Ende der 1980er Jahre begann ein kontinuierlicher Anstieg der Verleihzahlen der österreichischen Staatsbürgerschaft. 2003 wurde der Höhepunkt mit 45.000 Einbürgerungen erreicht. Zurückzuführen ist dieser Anstieg auf die Einbürgerung von Einwanderern aus den 1960er – 1980er Jahren („Gastarbeit“) und deren Nachkommen, auf die Ostöffnung Europas, die Fluchtmigration infolge der Balkankriege der 1990er-Jahre und Österreichs Beitritt zur Europäischen Union. Ab 1998 wurden die Einbürgerungskriterien zunehmend verschärft. Dieser deutlich erschwerte Zugang zeichnet sich in der Statistik etwas zeitverzögert ab. Von 2007 bis 2021 lagen die Einbürgerungszahlen (fast) durchwegs unter 10.000 Einbürgerungen jährlich.
Q: Eurostat, Aktualisiert am 18.03.2022, Eigene Darstellung (15.09.2022)
Im EU-Vergleich ist diese Anzahl von Einbürgerungen gering. Mit der Einbürgerungsrate lassen sich die Zahlen in den einzelnen Ländern gut vergleichen. Sie gibt den Anteil der Einbürgerungen an der Bevölkerung mit ausländischer Staatsbürgerschaft an (d.h. wie viel Prozent der ausländischen Bevölkerung eines Landes werden jährlich eingebürgert?). Seit Jahren stagniert dieser Anteil in Österreich bei ca. 0,7%. Dieser Wert liegt deutlich unter dem EU Mittelwert von 2019 von 2,2%. Am niedrigsten war die Einbürgerungsrate 2019 mit 0,3% in Litauen, am höchsten in Schweden mit 7%.
Gleichzeitig nimmt der Anteil der österreichischen Bevölkerung ohne österreichische Staatsbürgerschaft kontinuierlich zu und stieg im Langzeitvergleich von rund 4% Anfang der 1980er Jahre auf 17,1 % im Jahre 2021. Durch die restriktiven Voraussetzungen beim Zugang zur Staatsbürgerschaft produziert der Staat ein schwerwiegendes demokratisches Ungleichgewicht und nimmt in Kauf, dass 1,4 Millionen Menschen bei der Bundespräsidentenwahl nicht wahlberechtigt sind. Der prozentuelle Anteil liegt oft gerade in Ballungsräumen sehr hoch: So dürfen 30% der Innsbruckerinnen und Innsbrucker bei den anstehenden Landtags- und Bundespräsidentenwahlen nicht mitbestimmen.
GEFÄLLT UNS DAS?
Aus dem österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz ergeben sich die unterschiedlichsten Konsequenzen. Einige sind hier aufgelistet. Jede und jeder kann sich hier die Frage stellen, ob er oder sie mit den Folgen aus der Gesetzgebung einverstanden ist.
WAS SAGEN "UNSERE LEUT" ZUM THEMA?
ZeMiT berät seit 1985 zu rechtlichen und sozialen Fragen rund um das Thema Migration. Zwischen Jahresbeginn und Mitte September 2022 wurden im ZeMiT 2641 Personen beraten. 1976 davon suchten Rat und Unterstützung in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen, 80% davon waren ausländische Staatsangehörige. 665 Personen hatten Anliegen im Bereich der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Im Bereich der Anerkennungsberatung waren 96% unserer Klient:innen ausländische Staatsangehörige. Betrachtet man die unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten unserer Klient:innen, ergeben sich deutliche Unterschiede für die Bereiche der sozial- und arbeitsrechtlichen Beratung (AMS) und die Beratung zu Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen.
Im Bereich der allgemeinen Beratung überwiegen türkische und österreichische Staatsbürger:innen, sowie Bürger:innen der jugoslawischen Nachfolgestaaten.
Im Bereich der Beratung zu im Ausland erworbenen Qualifikationen sind Menschen aus der Ukraine derzeit die stärkste Gruppe. Einen großen Bedarf gibt es hier auch bei syrischen Staatsangehörigen, sowie ebenfalls bei Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit und Staatsangehörigen jugoslawischer Nachfolgestaaten.
Im September 2022 wurden über einen Zeitraum von zwei Wochen alle Klient:innen des ZeMiT zu ihrer Meinung zum Thema Staatsbürgerschaft befragt. Von 42 Klient:innen waren 31 bereit, an der Befragung teilzunehmen. 58% davon hatten keine österreichische Staatsbürgerschaft, also deutlich weniger, als im Durchschnitt der ZeMiT Klient:innen. Der überwiegende Teil davon lebt seit bis zu 12 Jahren in Österreich. 72% derjenigen, die eine andere Staatsbürgerschaft haben, denken darüber nach, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Die Themen Sicherheit, Reisefreiheit, gleiche Rechte und Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt spielen bei dieser Überlegung die größte Rolle. Die lange Aufenthaltsdauer, die für den Erwerb der Staatsbürgerschaft notwendig ist, nimmt die überwiegende Mehrheit als Hindernis wahr. Fehlende Sprachkenntnisse spielen demgegenüber für die Befragten eine untergeordnete Rolle. 64% aller Befragten wünschen sich Erleichterungen beim Zugang zur Staatsbürgerschaft, mehr als die Hälfte kritisiert außerdem den Ausschluss von Doppelstaatsbürgerschaften.
Von jenen Klient:innen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, leben 90% länger als 20 Jahre in Österreich. Als Gründe für den Erwerb der Staatsbürgerschaft wurden Reisefreiheit, Sicherheit, gleiche Rechte, Anerkennung und der Erwerb von Eigentum genannt.
HILFE FÜR DEN HÜRDENLAUF: DIESE APP MACHT ÖSTERREICHER:INNEN
Seit Mai 2022 gibt es eine Handyapp, mit der sich Prüflinge in ganz Österreich gezielt auf die Geschichtsprüfungen im Rahmen der Staatsbürgerschaft vorbereiten können. Entstanden ist die Idee zur App ganz praktisch: Ammar Khatib, der die österreichische Staatsbürgerschaft im Juli 2021 erhalten hat, möchte damit einen Beitrag leisten für alle, die sich schwertun mit der Vorbereitung auf die Prüfung. Mit seiner App schafft er eine übersichtliche Möglichkeit zum selbstständigen Lernen und unkomplizierten Üben - egal ob im Bus, im Wartezimmer, regelmäßig vor dem Schlafengehen oder einfach mal zwischendurch. Die App ist für Android-Handys und für Apple kostenlos verfügbar.
"Ich habe die Prüfung 2021 bestanden, fand die Vorbereitung mit den Lernunterlagen aber sehr schwierig. So ist die Idee zur App entstanden: Sie soll den Leuten helfen, sich leichter vorzubereiten!"
Ammar Khatib
Und die nächste Idee ist übrigens auch schon geboren: Mit seiner neuen App "Führerschein Österreich" schafft Ammar Khatib die Möglichkeit, sich unkompliziert und spielerisch in allen Klassen (PKW, Motorrad, Bus...) auf die Führerscheinprüfung in Österreich vorzubereiten.
AUFRUF ZUR PASS-EGAL-WAHL
Am 09.Oktober findet die Bundespräsidentschaftswahl statt. Mehr als 1,4 Millionen in Österreich lebende Menschen im Wahlalter sind von dieser Wahl ausgeschlossen. Diese Menschen haben zwar ihren Lebensmittelpunkt hier, dürfen aber, weil sie keinen österreichischen Pass besitzen, bei Bundespräsidentschaftswahlen weder wählen noch kandidieren.
Mitbestimmung ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie. Wenn jedoch sehr viele Menschen aufgrund von ihrer (fehlenden) Staatsbürgerschaft nicht mitentscheiden können und nicht die Wahl haben, von wem sie regiert werden, geht etwas verloren. Wer hier lebt, ist von der hiesigen Politik unmittelbar betroffen und sollte diese, im Sinne einer lebendigen Demokratie, deshalb auch mitgestalten dürfen. Demokratie lebt von Beteiligung, nicht von Ausschluss.
Daher hält SOS Mitmensch, wie schon bei den Nationalratswahlen in den vergangenen Jahren eine eigene Wahl ab. Am 04.Oktober, also fünf Tage vor der offiziellen Bundespräsidentschaftswahl, können bei der „Pass Egal Wahl 2022“ alle, unabhängig von ihrem Pass, ihre Stimme abgeben. Zur Wahl stehen alle Personen, die bundesweit für die Bundespräsidentschaft kandidieren. Gemeinsam mit Kooperationspartner:innen werden Wahllokale in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, St. Pölten, Bregenz, Bludenz, Feldkirch und Dornbirn aufgestellt. Mehr Informationen finden Sie hier: https://www.passegalwahl.at
Es gibt auch die Möglichkeit der Briefwahl – eine Anleitung dazu finden Sie auf der Website.
Die Plattform Asyl – FÜR MENSCHEN RECHTE koordiniert die Wahlmöglichkeiten und organisiert ein öffentliches Wahllokal in Tirol. Es gibt ab dem 26. September verschiedene Möglichkeiten die Stimme abzugeben. Die aktuellen Informationen zu den Wahlmöglichkeiten in Innsbruck finden Sie auf der Website der Plattform Asyl.
Neben dem öffentlichen Wahllokal zur Pass Egal Wahl am 04.10. von 15 bis 19 Uhr bei der Annasäule (Maria-Theresien-Straße), gibt es außerdem folgende Wahlmöglichkeiten:
- IBZ Telfs: 26.09.-29.09. – Zollergasse 4, 6410 Telfs - jeweils von 9 bis 13 Uhr
- Frauen aus allen Ländern: 26.09.- 04.10. - Tschamlerstraße 4, 6020 Innsbruck - zu den Öffnungszeiten
- Haus der Begegnung: 30.09. – Rennweg 12, 6020 Innsbruck – Zeiten folgen noch auf der Website
Hiermit laden wie Sie herzlich dazu ein, ihre Stimme abzugeben und die Informationen zu verbreiten. Sie würden damit einen Beitrag leisten, Österreichs Demokratie umfassender für alle Menschen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, zu öffnen.
HALTUNG BITTE! ZEMIT UND ARATIROL BEZIEHEN STELLUNG ZUM AKTUELLEN WAHLKAMPF IN TIROL
Die menschenverachtenden Plakate der FPÖ waren sogar der ÖVP zuviel. Eine Koalition ÖVP - FPÖ wird es in Tirol also nicht geben - wenn die ÖVP sich das aussuchen kann.
Uns haben die geschmacklosen Plakate dazu veranlasst, zum aktuellen Wahlkampf mit einem Flugblatt Stellung zu beziehen.
So sehr wir die ewig gleichen Ansätze der FPÖ verurteilen, so sehr vermissen wir auch ein klares Bekenntnis zu einer offenen, vielfältigen Gesellschaft bei anderen Parteien.
In der Woche vor der Wahl werden wir das Flugblatt in Innsbruck verteilen. Auf der Rückseite befindet sich eine Faltvorlage für einen Papierflieger, damit es seinem Namen auch gerecht wird.
FPÖ Plakat, Wahlkampf zur Tiroler Landtagswahl 2022
ARATIROL KRITISIERT DIE ÖFFENTLICHE HAUSKUNDMACHUNG DER WAHLBERECHTIGTEN
Personenbezogene Daten müssen in Österreich sensibel behandelt und geschützt werden. Dies gilt nicht nur für die Privatwirtschaft, sondern auch für Institutionen oder Bildungseinrichtungen. Anders sieht es bei Landtags- oder Bundeswahlen aus. Da scheint das Recht auf den Schutz privater Daten nahezu ausgehebelt zu sein. Warum sollte der Nachbar oder die Nachbarin nicht wissen, dass man Nicht-Österreicher*in, also de jure Ausländer*in ist?
Gerade in Mehrparteienhäusern ist für jede und jeden öffentlich einsehbar, wer denn in der Hausgemeinschaft nicht zu dem österreichischen Wir gehört. So ist in schwarzen Lettern im Rahmen einer Hauskundmachung zu lesen, wer (natürlich als Österreicher*in) an der kommenden Wahl teilnehmen darf. Wir erfahren auch, welchen akademischen Titel unser Nachbar oder unsere Nachbarin trägt, ob sie eine Fr. Magister oder gar eine Fr. Doktorin ist. Jetzt kann natürlich eingewendet werden, wieso dies überhaupt ein Problem darstellen soll. Was ist schon dabei, wenn der Nachbar – mit dem ich eigentlich gar nichts zu tun habe – weiß, ob ich doch keine Österreicherin bin? Und hier kommt wieder die Frage mit dem Datenschutz auf. Wieso wird meine (nicht-österreichische) Staatsangehörigkeit für alle Menschen öffentlich sichtbar gemacht, obwohl ich niemandem das Einverständnis dafür gegeben habe?
Rechtlich entscheidet jede Gemeinde autonom, ob sie für die Wahlkundmachung einen Aushang mit vollen Namen oder mit den jeweiligen Wohnungsnummern und der Anzahl der Wahlberechtigten macht. Bisher setzt nur Wien die Kundmachung mit Nummern um, aus gutem Grund. Auch wenn dadurch nicht völlige Anonymität besteht, schützt diese Variante persönliche Daten wesentlich besser. Die eindeutige Markierung von Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft ist ein Ärgernis für viele, die davon betroffen sind. Darüber hinaus können dadurch rassistisch-motivierte Nachbarschaftskonflikte angefeuert werden.
Tatsache ist, dass alle Wahlberechtigten zusätzlich persönlich per Post über Wahlen verständigt werden. Der öffentliche Aushang scheint also verzichtbar. ARAtirol spricht sich deutlich für den Verzicht der öffentlichen Aushänge aus und sieht darin einen Weg, möglichen Vorbehalten zwischen „Wir“ und den „Anderen“ – auch in der Nachbarschaft – entgegenzuwirken.
BLACK VOICES Volksbegehren
Eintragungswoche bis 26. September
Unterschreibe jetzt gegen Rassismus!
Unsere Forderungen
Die Umsetzung der unten angegebenen Punkte muss in Zusammenarbeit mit Schwarzen Menschen und People of Colour Expert*innen aus den jeweiligen Bereichen stattfinden. In allen Bereichen werden Anti-Rassismus-, Anti-Schwarzen-Rassismus- und Sensibilisierungsschulungen gefordert. Zusätzlich wird ausdrücklich eine geschlechtersensible Umsetzung in Bezug auf Frauen* gefordert.
Die Ziele und Forderungen dieses Volksbegehrens sollen in einem Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus münden. Die Ausarbeitung genau dieses Planes soll die große Vision des Volksbegehrens sein.
Dokumentationsarchiv Migration Tirol - DAM: Recherche ab 3. Oktober online möglich!
Sechs Jahre nach seiner Gründung erreicht das Dokumentationsarchiv Migration Tirol – DAM einen wesentlichen Meilenstein: Ab 3. Oktober steht der Archivbestand der Öffentlichkeit zur Online-Recherche zur Verfügung. Als zeithistorisches Archiv fokussiert das DAM auf die jüngere Migrations- und Fluchtgeschichte nach 1945. Die Sammlung umfasst Zeitzeug*inneninterviews, Schriftstücke, Erinnerungsobjekte und Fotografien zu den Themen Arbeits- und Bildungsmigration, Flucht, Wohn- und Familienverhältnisse, kulturelles Leben und zivilgesellschaftliches Engagement von Migrant*innen. Insbesondere die derzeit 133 Interviews mit Zeitzeug*innen und Personen, die im Bereich der Migration tätig waren oder es weiterhin sind, sind besonderer Erwähnung wert.
Sujetfoto DAM © D. Jarosch
„Es ist beeindruckend, welche Vielfalt an Dokumenten, Interviews und auch Objekten vom Team des DAM bereits in so kurzer Zeit gesammelt und inventarisiert wurden. Diese Initiative macht wichtige, oft vergessene Aspekte der Tiroler Geschichte nachhaltig sichtbar und öffentlich zugänglich.“ (Dr.in Edith Hessenberger, stellvertretende Sprecherin des wissenschaftlichen DAM-Beirats und Leiterin der Ötztaler Museen)
Das Dokumentationsarchiv Migration Tirol wurde 2016 als Ergebnis einer Kooperation zwischen dem ZeMiT (Zentrum für Migrant*innen in Tirol), der Uni Innsbruck und den Tiroler Landesmuseen gegründet. Es ist am ZeMiT verankert und wird von der Kulturabteilung des Landes Tirol finanziert. Es war und ist die erste und einzige Stelle, die sich explizit der Geschichte der Migration und Flucht in Tirol widmet. Mittlerweile hat es einen wesentlichen Platz in der Tiroler Archivlandschaft gefunden und wird österreichweit als Vorzeigeprojekt gehandelt. Studierende, Wissenschaftler*innen und Kulturschaffende aus ganz Österreich haben bereits ihre Recherchen vor Ort durchgeführt und zeigten sich durchwegs beeindruckt vom umfangreichen Angebot und der professionellen Betreuung.
Der DAM-Beirat
Der DAM-Beirat setzt sich zusammen aus Vertreter*innen des Tiroler Landesarchivs, des Innsbrucker Stadtarchivs, der Ötztaler Museen, des Tiroler Volkskunstmuseums, der Initiative Minderheiten Tirol, des Tiroler Bildungsforums sowie Vertreter*innen der Universität Innsbruck mit den Instituten für Erziehungswissenschaften und Zeitgeschichte.
Eine Plattform für Forschung und Recherche
Mit seinem Bestand füllt das DAM eine bislang bestehende Lücke zur Sammlung, Dokumentation und Archivierung von migrationsgeschichtlichen Quellen. Das Ziel des Projekts ist es, einerseits Migrationsgeschichte(n) in ihren unterschiedlichen Facetten zu sammeln und diese nach wissenschaftlichen Standards aufzubewahren, andererseits damit zu einem veränderten Geschichts- und Gesellschaftsbewusstsein in Tirol beizutragen.
Demonstration für Wahlrecht, Anfang 1990er Jahre in Innsbruck |
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„Das DAM verdankt sich der engen Zusammenarbeit einer NGO, eines Landesarchivs und eines Landesmuseums, eines Stadtarchivs und einer Universität. Das ist – wenn ich es richtig sehe – in Österreich durchaus einzigartig. Und es kann in Österreich, aber auch darüber hinaus Vorbildfunktion haben. Jedenfalls konnten wir damit in Tirol ein Setting herstellen, dass einerseits unabhängig, niederschwellig und offen gegenüber den Communities ist, gleichzeitig aber stabil aufgestellt und optimal eingebunden ist in die lokale Kultur- und Wissenschaftslandschaft.“ (Univ.-Prof. Dr. Dirk Rupnow, Sprecher des DAM-Beirats und Professor am Institut für Zeitgeschichte sowie Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Innsbruck)
Bereits seit seinen Anfängen dient das Dokumentationsarchiv Migration Tirol Interessierten als Forschungseinrichtung. Neben der Recherche vor Ort im ZeMiT in der Andreas-Hofer-Straße 46 in Innsbruck gibt es ab dem 3. Oktober 2022 unter dem Link archiv.dam.tirol auch die Möglichkeit der Online-Recherche. Das erleichtert nicht nur den Zugang für Nutzer*innen aus ganz Österreich, sondern auch die Recherche für Interessierte im gesamten deutschsprachigen Raum und darüber hinaus.
Nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Recherche, um unseren Bestand zu entdecken!
- Kommen Sie vorbei, wir unterstützen Sie gerne bei Ihrer Recherche vor Ort!
- Wenn Sie Ihre (Migrations-/Flucht-)Geschichte mit uns teilen wollen oder Erinnerungsstücke für das Archiv haben, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme!
Für weitere Informationen oder Terminvereinbarungen wenden Sie sich bitte an:
Dokumentationsarchiv Migration Tirol/ZeMiT
Andreas-Hofer-Straße 46
6020 Innsbruck
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
+43 (0)512 577 170-12
Website: https://www.dam.tirol
Online-Recherche: https://archiv.dam.tirol (ab 3.10.2022 online)
Neu in der Bibliothek für Integration und Migration
Fremdenrecht. Asyl – Ausländerbeschäftigung – Einbürgerung - Einwanderung. Johannes Peyrl,Thomas Neugschwendtner, Christian Schmaus. ÖGB Verlag 2018
Das Buch bietet eine verständliche und fundierte Darstellung der Rechtslage für Migranten und Migrantinnen sowie Flüchtlinge in Österreich. Erklärt werden sämtliche fremdenrechtliche Themenbereiche - von der Einreise nach Österreich bis zur Einbürgerung. Informationen über politische Zusammenhänge und europäische Entwicklungen helfen, zusammen mit Beispielen aus der Praxis, sich einen Überblick über die komplexe Materie zu verschaffen.
Ausleihe BIM
Diese und weitere Bücher stehen Leser*innen der BIM zur Ausleihe zur Verfügung. Die Ausleihe ist kostenlos und die Dauer beträgt 12 Wochen. Mehr Informationen erhalten Sie hier oder per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
BIM GOES MOVIE: Lornas Schweigen
Lornas Schweigen. Le Silence de Lorna. F, B, I, 2008
SYNOPSIS Eine Scheinehe mit dem Junkie Claudy hat der jungen Albanerin Lorna eine Summe Geld und die belgische Staatsbürgerschaft eingebracht.
Wie in vielen ihrer Filme entfalten Jean-Pierre und Luc Dardenne in Le Silence de Lorna mit leiser Entschlossenheit und äußerster Ökonomie eine dramatische Geschichte und vertrauen dabei ganz auf das stoische Gesicht einer jungen Frau: Die Albanerin Lorna (Arta Dobroshi) strahlt eine Stärke und Menschlichkeit aus, der man zutraut und wünscht, dass sie allen Widrigkeiten des Lebens trotzen möge - ganz ähnlich wie die früheren Dardenne-Heldinnen Rosetta (Rosetta) und Sonia (L' Enfant). Lorna steckt in einem Dilemma, das ein wenig zu ausgefeilt wirken könnte, wäre es nicht so brillant in der belgischen, im Grunde EU-weiten Realität von Migration, Ausländerrecht, östlichen Wanderarbeitern und organisiertem Verbrechen verankert. Eine Scheinehe mit dem Junkie Claudy hat ihr eine Summe Geld und die belgische Staatsbürgerschaft eingetragen, aber auch einen faustischen Pakt mit einem lokalen Kleingangster, der wiederum mit der Russenmafia Geschäfte macht: Claudy soll mit einer Überdosis ermordet werden, damit die Witwe eine weitere Scheinehe mit einem Russen eingehen kann - was wiederum mehr Geld für sie bedeuten würde. Der Dardenne-Stammschauspieler Jérémie Renier verkörpert derart perfekt die nervenraubende Bedürftigkeit des süchtigen Claudy, dass man ihm fast selbst den Tod wünscht. Zugleich aber ist er wie ein Kind, das nicht nur Lorna bald immer dringender retten möchte. Sie entdeckt ihre wahren Gefühle in dem exakt Moment, wo es zu spät ist. Der unentrinnbare Sog dieses Films, hin zu einem beinah mythischen Ende, übertrifft an Tragik und Schönheit auch alles, was die Dardenne-Brüder schon zeigten. (Text: Viennale 2008)
LINKTIPP: Die österreichische Seele
Erwin RINGEL hat mit seiner schonungslos, liebevollen Darstellung der "österreichischen Befindlichkeiten" Anfang der 1980er Jahr eine ganze Nation auf die psychotherapeutische Couch gelegt.
"Wo sonst, wenn nicht in Österreich, hätten die Neurosen je entdeckt werden können, das ist alles kein Zufall!", so Ringel im Club 2 aus dem Jahr 1984. Ein Blick in die österreichische Seele, ein Blick in den sehr interessant besetzten Club 2, ist nach wie vor empfehlenswert und gerade recht für eine herbstliche Unterhaltung in Wahlzeiten.
AKTUELLE TERMINE
23.September 2022: 15:00 Uhr
Stadtspaziergang: "Auf den Spuren der Migration: BILDUNGSWEGE"
Anmeldung und weitere Information: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
10.09. - 19.11.2022, Kunstraum Innsbruck
THE OTOLITH GROUP TWO SONIC WORKS
Two Sonic Works zeigt zwei audiovisuelle Arbeiten von Anjalika Sagar und Kodwo Eshun (The Otolith Group), die eine kritische Auseinandersetzung
mit der Ästhetik der Schwarzen Avantgarde in Szene setzen.
Mehr Information
Donnerstag, 29. September 2022, 09:00 bis 17:30 Uhr
Innsbruck, Landhaus 1, Eduard-Wallnöfer-Platz 3, Großer Saal
12. Tiroler Integrationsenquete
Leben in der Blase?
Impulse für eine Gesprächskultur in Zeiten zunehmender Polarisierung
Programm
Donnerstag, 6. Oktober 2022 - Freitag 7. Oktober 2022, Haus der Begegnung Innsbruck
8. NIC-KONFERENZ
Differenz und Bildung. Zukunft von Interkulturalität, Transkulturalität und Diversität
Konferenz mit Vortrag, Diskussion und Rahmenprogramm
Programm und Anmeldung
12. Oktober 2022, 19:00 Uhr, Stadtbibliothek Innsbruck, Amraser Straße 2
Podiumsdiskussion „Dialogisch erinnern, Gedenken gestalten“ in Verbindung mit der Ausstellung heimat<loser
- Ljubomir Bratić (Philosoph & Migrationsforscher, Wien)
- Dennis Miskić (Gedenkdiener 2021/22 Srebrenica Memorial Center)
- Ivana Marjanović (Kunstraum Innsbruck, angefragt)
- Nicola Nagy (Filmemacherin, Politologin)
Moderation: Ingrid Böhler (Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck)
12.Oktober 2022 -16.10. Stadtbücherei Innsbruck
Ausstellung heimat<loser
24.Oktober 2022 - 15.November 2022, Museum Wattens
Ausstellung heimat<loser in Kooperation mit der Mittelschule Wattens
17.November 2022 -19.November 2022, Innsbruck, Leokino
Ausstellung heimat<loser im Rahmen des Inncontro Filmfestivals.
Schulvorstellung geplant.
Wunsch nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, Wien 2021
Autor*innen: Max Haller (Prof.em. für Soziologie, Universität Graz/ Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) und Jeremias Stadlmair (Bundesinstitut für Erwachsenenbildung, St. Wolfgang im Salzkammergut) in Zusammenarbeit mit Sina Ansari, Rainer Bauböck, Sarah Ebner und Patrick Mathae
Die Studie "Wunsch nach Erwerb der österreichschen Staatsbürgerschaft" wurde am 15. September 2022 in der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien präsentiert. Sie wurde von Max Haller und Jeremias Stadlmair im Rahmen der Kommission für Migration und Integration der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verfasst. Der Bericht geht der Frage nach, warum viele Menschen nicht um die österreichische Staatsbürgerschaft ansuchen, obwohl sie die Voraussetzungen dafür erfüllen würden. Im Rahmen der Studie wurden rund 500 in Wien lebende Ausländer*innen gefragt, ob sie die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben wollen und welche Gründe dafür oder dagegen sprechen. Zusätzlich wurden 31 Personen in Interviews näher nach ihren Wünschen, Vorstellungen und Erfahrungen befragt.
Die Ergebnisse der Studie bieten nicht nur Einblick in die Überlegungen der betroffenen Menschen, sondern geben auch Hinweise darauf, welche Maßnahmen zu treffen wären, um schon lange in Wien und Österreich lebende Menschen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft zu unterstützen. (Text aus der Einladung zur Veranstaltung)
STELLENAUSSCHREIBUNGEN
- Berater/in im ZeMiT
- Streetwork im Verein für Obdachlose
- Teamleiter*in für die Krisen-WG Turntable, Kufstein
- Lernhilfebetreuer/in für Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache, Innsbruck
- Psychosoziale Betreuungsperson für die Wohnbetreuung im Auftrag der Justiz gesucht
- FREIZEITPÄDAGOG*IN (m/w/d) für Hall in Tirol
- Persönliche Assistenz - Aktuelle Stellenausschreibungen des SLI
- Aktuelle Stellenausschreibungen SOS Kinderdorf
- Aktuell: Freie Stellen bei den TSD
- Aktuell: Freie Stellen bei den ISD
- Aktuelle Jobausschreibungen der Lebenshilfe Tirol
- Aktuelle Jobausschreibungen der Caritas Tirol
- Aktuelle Jobausschreibungen des ÖIF
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Redaktion und Lektorat: Dr.in Miriam Hill, Mag.a Michaela Nindl, Tuğba Şababoğlu MA, Mag.a Christina Hollomey-Gasser
Herausgeber: ZeMiT – Zentrum für Migrantinnen und Migranten in Tirol, Andreas-Hofer-Str. 46/1, 6020 Innsbruck; vertreten durch Mirjana Stojaković, GFin ZeMiT und Dr. Gerhard Hetfleisch
www.imz-tirol.at
Das IMZ ist ein gemeinsames Projekt von Land Tirol/Abteilung Gesellschaft und Arbeit - Integration und ZeMiT.