IMZ-Newsletter #56 Juni 2023
EDITORIAL: Sprache schafft Wirklichkeit: "Gastarbeit" war gestern!
SCHWERPUNKT ARCHIV
- Rückschau und Ausblick: Tagung des Dokumentationsarchivs Migration Tirol als Auftakt für eine österreichweite Vernetzung
Wie gehen Archive mit den Phänomenen Migration, Flucht und Rassismen um? Diese und weitere Fragen wurden bei der Tagung im März 2023 von Expert:innen und Publikum diskutiert. - Die Qual der Wahl? Auch die Arbeit von NGOs soll ins Archiv - jedoch, in welches?
Im Gegensatz zu öffentlichen Einrichtungen fehlt NGOs ein klares Prozedere für die Archivierung ihrer Arbeit, die ein wesentlicher Teil sozialpolitischen Engagements ist. - Gedanken für ein rassismuskritisches Archiv der Migration
Der kritische Blick auf Forschung und Repräsentation ist - gerade im Bereich der Migrationsforschung - dringend gefordert.
ANTIRASSISMUSARBEIT TIROL
- Lebst du schon, oder wirst du noch diskriminiert? Zur Problematik von Diskriminierungen im Wohnbereich
Wohnen gilt als konstitutives Menschenrecht und stellt ein menschliches Grundbedürfnis dar. Die Bedingungen am Wohnungsmarkt sprechen allerdings eine andere Sprache. - Das Ende der Grundversorgung: Steigende Unabhängigkeit führt mitunter in soziale Notlagen
Allein im Juli sind knapp 80 anerkannte Flüchtlinge in Tirol aufgefordert, aus Einrichtungen der Grundversorgung auszuziehen. Die Suche nach leistbarem Wohnraum treibt viele auf dem Weg in die Unabhängigkeit in weitere soziale Notlagen. - Filmbiscuit: Rassismus und Sexismus am Set
Sexuelle Übergriffe und die Frage der Repräsentation im Filmbusiness wurden am 8. Juni 2023 im Rahmenprogramm des Internationalen Filmfestivals in Innsbruck diskutiert.
ANGEBOTE AUS DER SZENE
- Frauencafé bei Frauen aus allen Ländern: Austausch in entspannter Runde
- Restplätze verfügbar: bilding grenzenlos bietet in den Sommerferien kostenlose Workshops für Kinder mit Fluchterfahrung an
Die vielfältigen Workshops im Innsbrucker Rapoldipark bieten Raum für grenzenlose Kreativität und tolle Gemeinschaft. - Das Lernprojekt MEINE CHANCE von pitanga – vielleicht auch DEINE Chance?
Im Lernprojekt werden junge Menschen mit Flucht- und/oder Migrationserfahrung zwischen 15 und 25 Jahren von erfahrenen Trainer*innen in Deutsch, Mathematik und Englisch auf weiterführende Bildungsangebote vorbereitet. - Veranstaltungsreihe füreinander.einstehen von Mai bis Dezember 2023
- SKAID: Skaten und Kunsttherapie für Kinder mit Flucht- und Migrationsbiografie
ZUM NACHLESEN
- Das Fluchtparadox. Über unseren widersprüchlichen Umgang mit Vertreibung und Vertriebenen, Judith Kohlenberger, 2022
- Arbeitsmarktsituation von Migrant:innen in Österreich 2021 / Modul der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2021 / Statistik Austria 12/2022
- Migration and Asylum Policies Systems' National and Supranational Regimes, 2023
und wie immer...
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!
Rückmeldungen, Ergänzungen und Korrekturen sind jederzeit willkommen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Andrea Possenig-Moser für das IMZ Team
Gerne können Sie den Newsletter an Interessierte weiterleiten. Hier können Sie sich jederzeit an/ und abmelden.
Sprache schafft Wirklichkeit: Gastarbeit war gestern!
Andrea Possenig-Moser, ZeMiT
Politisch und medial wird angesichts ausgelassener Feiern im vergangenen Monat anlässlich des Sieges von. R. T. Erdoğan bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei und der notwendigen Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland das längst überholte Prinzip des „Gastlandes“ und der „Gastarbeit“ bemüht. Ein Blick zurück zeigt, dass dieses Prinzip gesellschaftlich und menschlich hohe Kosten zu verantworten hat und als gescheitert bezeichnet werden kann. Dazugehörige Begriffe haben für aktuell gesellschaftliche Entwicklungen keinerlei Mehrwert und führen im Gegenteil nur dazu, dass Diskussionen, Stimmungen und schließlich die Realität falsch und negativ aufgeladen und geprägt werden.
ACHTE AUF DEINE WORTWAHL: Jugendliche brachten diesen wesentlichen Aspekt einer offenen Gesellschaft bei einem Workshop zum Thema "Misch dich ein" auf den Punkt. (Foto: Moser, ZeMiT)
Schon in den 1960er bis 1980er Jahren, als Österreich sogenannte „Gastarbeiter“ und „Gastarbeiterinnen“ für die Arbeit in Industrie, Baugewerbe und teilweise Pflege nach Österreich lockte, war der Begriff falsch und durch seine Wurzeln in der NS-Zeit deplatziert und abwertend. Dennoch zeigte er Wirkung: „Gäste“ bleiben nicht und genießen nicht dieselben Rechte wie „Gastgeber“. Und so befand sich der Verbleib der Arbeitsmigrant:innen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien über Jahre in einem unsicheren Schwebestatus. Das obwohl bereits nach wenigen Jahren klar war, dass das geplante Rotationsprinzip (jährlicher Wechsel der Arbeitskräfte in Rotation) zum Scheitern verurteilt war. Weder Betriebe noch Arbeitskräfte konnten oder wollten sich diesem Prinzip unterwerfen. Dennoch blieb die Frage „Wie lange bleiben wir noch?“ mit all ihren Konsequenzen in Bezug auf Lebensplanung, Zugehörigkeit und Teilhabe für viele Arbeitsmigrant:innen eine Lebensfrage, die in den letzten Jahren, da viele ihre Pension antreten, erneut an Bedeutung gewinnt.
Auch auf der „Gastgeberseite“, der Seite der staatlichen Institutionen und Betriebe, zeigte das Konzept seine Wirkung: Die Arbeitskraft der Gäste wurde ausgiebig für den Wirtschaftsaufschwung abgerufen, darüber hinaus gab es weder Angebote (an Sprachkursen, Entwicklungsmöglichkeiten) noch die formelle oder informelle Einladung, dass die „Gäste“ sich hier dauerhaft einrichten. So war die Familienzusammenführung erst in den späten 1970er Jahren eine Möglichkeit, Kinder aus den Herkunftsländern nach Österreich zu holen. Auch diese restriktive Regelung blieb nicht ohne negative Folgen: Die lange Trennung zwischen Eltern und Kindern war für beide Seiten eine emotionale Dauerbelastung. Der Versuch, sie mit großzügigen Geschenken im Winter- oder Sommerurlaub zu mildern, konnte nur scheitern. Für die Kinder war der Umzug nach Österreich nicht selten ein Schock - kulturell, sprachlich und ebenso häufig familiär. Sie erlebten hautnah, in welchem Ausmaß sich ihre Eltern in Doppelschichten abrackerten und konnten das „Europa“, das im Herkunftsland so schön mit Wohlstand, Aufbruch und Freiheit gezeichnet wurde, selten finden. Die Bildungseinrichtungen waren außerdem nicht auf Neu- und Quereinsteiger:innen mit wenigen oder gar keinen Deutschkenntnissen vorbereitet. Engagierte Einzelpersonen entschieden dadurch oft über Schulerfolg und Bildungsoptionen der „Zweiten Generation“ - das Schulsystem ist an seiner Aufgabe gescheitert und steht der gesellschaftlichen Vielfalt bis heute konzept- und ideenlos gegenüber. Nach wir vor wird Bildung in Österreich in erster Linie vererbt. In einer Pflichtschulzeit von neun Jahren ist es dem System Schule in Österreich nach wie vor nicht möglich, unterschiedliche Startbedingungen auszugleichen und Jugendlichen zum Ende ihrer Schulzeit Wahlmöglichkeiten zu ermöglichen.
Die Idee der „Gastarbeit“ ist - kurz gesagt - ein Modell, das wirtschaftlich kurzfristig Sinn machen kann, die damit verbundenen gesellschaftlichen und individuellen Nachteile, Verluste und Kosten sind dem wirtschaftlichen Shot allerdings in einem Ausmaß überlegen, dass man das Konzept als gescheitert betrachten kann. Ein Scheitern, aus dem man freilich auch lernen könnte…
Nicht so in Österreich!
Medial (u. a. Profil vom 7. Juni 2023) und politisch (BK Karl Nehammer am 6. Juni 2023) wird das „Gastprinzip“ wieder ausgegraben und ins Spiel gebracht: Anlässlich des historisch höchsten Fachkräftemangels in kritischen Bereichen wie Medizin, Pflege, Betreuung und zentralen Wirtschaftssektoren wie Tourismus, Bau und Industrie ein zumindest verwunderlicher, wenn nicht völlig katastrophaler Schachzug. Ein Schachzug, der sich schnell zum Eigentor entwickeln kann. Österreich befindet sich momentan im Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte mit zahlreichen Ländern, die nicht nur auch schöne Landschaft, klares Wasser und Schmäh haben wie Österreich, sondern zusätzlich eine offene Haltung, Anerkennung und tolle Bedingungen für Migrant:innen, die bereit sind, sich niederzulassen und einzubringen. Die gesellschaftliche Haltung und die dazugehörige Sprache sind wesentliche Elemente, die den Charakter und die Attraktivität eines Einwanderungslandes wie Österreich ausmachen. Sprache schafft tatsächlich Wirklichkeit und insofern sei es österreichischen Medien und der österreichischen Politik (allen voran dem Bundeskanzler der Republik) nachdrücklich ans Herz gelegt, ihre Wortwahl und Haltung zu korrigieren. Wenn nicht aus Intellektuellen Gründen, dann zumindest aus knallhartem wirtschaftlichem Kalkül: Wenn wir nicht Bedingungen und Haltungen schaffen, damit sich Menschen aus dem Ausland hier willkommen fühlen und gerne in Österreich leben und arbeiten, werden viele in anderen Ländern gerne aufgenommen. „Gäste“ braucht nur mehr der Tourismus, Österreich braucht zur Wohlstands- und Systemerhaltung dringend dauerhafte Zuwanderung aus dem Ausland. Menschen, die kommen, um zu bleiben.
Um im Wettbewerb um (qualifizierte) Arbeitnehmer:innen aus dem Ausland nicht ins folgenschwere Hintertreffen zu geraten, wäre die Umsetzung folgender Maßnahmen notwendig: Erweiterung der Möglichkeiten legaler Zuwanderung, Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Anerkennungsverfahren für Asylwerber:innen, unmittelbare Möglichkeiten der Familienzusammenführung, Fokussierung der Anerkennung von Ausbildungen aus dem Ausland, ausreichendes analoges und digitales Angebot an Deutschkursen, gute Bezahlung, faire und anerkennende Arbeitsbedingungen, Ermöglichung einer Work-Life-Balance, Vermittlung oder Zurverfügungstellung zeitgemäßer Unterkünfte durch Arbeitgeber, diskriminierungsfreier Zugang zu Institutionen, Vereinen und Initiativen und schließlich ausreichende, hochwertige, offene und diversitätsbewusste Betreuungs- und Bildungseinrichtungen. Als verbindende Klammer wäre ein anerkennendes Committment zu Diversität auf Regierungsebene und in staatlichen Institutionen die entscheidende Basis all dieser Maßnahmen und die Voraussetzung für eine offene Gesellschaft. Damit Österreich nicht nur ein Einwanderungsland ist, sondern es auch bleiben kann.
Rückschau und Ausblick: Tagung des Dokumentationsarchivs Migration Tirol als Auftakt für eine österreichweite Vernetzung
Christina Hollomey-Gasser, DAM/ZeMiT
Wie gehen Archive mit den Phänomenen Migration, Flucht und Rassismen um? Welche Perspektiven bilden sie ab? Welche bleiben unsichtbar? Wie können diese Perspektiven sichtbar gemacht werden? Diese Fragen wurden am 30. und 31.3.2023 bei der Tagung „Flucht ins Archiv. Migration, Flucht Rassismen – Dokumentieren und Archivieren“ intensiv diskutiert. Die Tagung, organisiert vom Dokumentationsarchiv Migration Tirol am ZeMiT, dem Forschungszentrum für Migration und Globalisierung, dem Institut für Zeitgeschichte und der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck, setzte einen Impuls, um das Verhältnis zwischen den Phänomenen Migration, Flucht und Rassismen zum Archiv multiperspektivisch auszuloten. Über 90 Teilnehmer*innen von Archiven, Museen, Universitäten, NGOs, zivilgesellschaftlichen und aktivistischen Initiativen aus Österreich und Deutschland folgten der Einladung und debattierten über Quellen, Begriffe und Methoden. Schon allein diese diverse Teilnehmer*innenschaft kann als ein Erfolg der Tagung gewertet werden.
Eine kurze Reise in Bildern durch die Tagung finden Sie hier. (Foto: Moser, ZeMiT)
„Archive machen Themen zum Teil der Erinnerungskultur einer Gesellschaft.“
Diese Worte von der Innsbrucker Stadträtin Uschi Schwarzl zur Eröffnung der Tagung waren Leitmotiv und Leitfrage der Tagung zugleich. Denn bevor über Dokumentation und Archivierung gesprochen werden kann, muss geklärt werden, wovon eigentlich die Rede ist und worauf sich der archivarische Blick richten muss. Sechs Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis übernahmen diese Aufgabe in zwei hochkarätigen und hochspannenden Panels. Die Migrations- und Fluchtforscherin Judith Kohlenberger absolvierte zu Beginn eine Tour de Force durch Begrifflichkeiten der Migrationsforschung wie Grenze, freiwillige und unfreiwillige Migration, Flucht/Flüchtling, Vertreibung/Vertriebene, illegale Migration bis hin zu alternativen Begrifflichkeiten wie Mobilitäten und displacement. Sie wies vor allem auf die Graubereiche zwischen diesen Begriffen hin, die der Praxis oft nicht mehr standhalten würden. Auch die Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Bedeutung eines Begriffs und dessen Aufgeladenheit im öffentlichen Diskurs wurde angeschnitten.
Georg Spitaler, Judith Kohlenberger und Herbert Langthaler diskutierten über die Notwendigkeit, Begriffe einzuordnen und zu reflektieren. Moderiert wurde Panel 1 von Dirk Rupnow, Professor am Institut für Zeitgeschichte und Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Innsbruck. (v.l.n.r., Foto: Moser, ZeMiT)
Herbert Langthaler, Mitbegründer der asylkoordination österreich, verwies in seinem Vortrag jedoch auf die harte rechtliche Dimension der Begriffe Migration und Flucht. Aus der Perspektive einer NGO, die die Rechte von Geflüchteten vertritt, müsse auf einer klaren Unterscheidung dieser Begrifflichkeiten beharrt werden, denen ja auch unterschiedliche Rechtsmaterien zugrunde liegen. Gleichzeitig machte Langhtaler auf den zunehmend negativen Diskurs zu Flucht und Asyl aufmerksam, der auch die Arbeit von NGOs erschwert. So ist der Begriff des „Flüchtlings“ seit den 2000ern im öffentlichen Diskurs zunehmend negativ konnotiert und heute spreche man gar nur mehr über „Migranten“. Diese Feststellung traf auch Georg Spitaler, Politologe und Historiker im Verein für die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung Wien, der diese Entwicklung als Beispiel dafür sieht, wie wissenschaftliche Debatten von politisch rechter Seite übernommen und für ihre Zwecke instrumentalisiert werden können. In Bezug auf die Archivierung von Migration und Flucht wies Langthaler auf die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Archive hin. Diese diskutiert er auch ausführlich in seinem Gastbeitrag. Doch auch in nicht einschlägigen Archiven, wie dem Archiv der Arbeiter*innengeschichte, spielen die Phänomene Flucht und Migration eine Rolle, jedoch fehlte bisher der suchende Blick dafür. Es gilt hier, so Georg Spitaler, „Dinge zu sehen, die immer da waren“ und den Blickwinkel auf das Archivgut zu ändern.
Bernhard Weidinger, Benjamin Opratko und Faime Alpagu (Foto in weiterem Beitrag) widmete sich im zweiten Panel dem Thema Rassismen, moderiert von Erol Yıldız, Professor am Institut für Erziehungswissenschaft und Dekan der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck. (v.l.n.r., Foto: Moser, ZeMiT)
Das zweite Panel stand unter dem Titel „Rassismen dokumentieren und archivieren“. Die Biografieforscherin Faime Alpagu stellte die Migrations- und Rassismusforschung selbst auf den Prüfstand und forderte eine kritische Überprüfung der wissenschaftlichen Praxis. Sie macht den Kolonialismus hier und jetzt dafür verantwortlich, dass Perspektiven von Migrierenden bisher unsichtbar gemacht wurden und stellt folgende Fragen in den Mittelpunkt einer Auseinandersetzung mit Archiv und Migration: „Wer sammelt was? Wer sammelt warum? Und wie sammelt man?“ Mehr zu ihren Überlegungen findet sich im Gastbeitrag von Faime Alpagu.
Auch der Rassimusforscher Benjamin Opratko bezeichnete Rassismus als „einen Begriff Marginalisierter“, der ständig „abgewertet und abgewehrt“ wird und sich einen legitimen Platz in der Forschungslandschaft erst erkämpfen muss(te). So erklärt sich auch, warum Rassismus bislang in Archiven kaum sichtbar ist. Die subalterne Stellung setzte sich im Archiv fort.
Ein Archiv, das sich von Beginn an der Dokumentation von Antisemitismus und Rassismus verschrieben hat, ist das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, bei der Tagung vertreten durch Bernhard Weidinger. Einerseits setzt sich das DÖW im Forschungsschwerpunkt Exil mit Flucht und Migration aus Österreich während des Nationalsozialismus auseinander, andererseits dokumentiert es Rassismus im Rahmen der Beobachtung organisierter Formen des Rechtsextremismus. Dokumentiert wird mittels systematischer Medienbeobachtung, der Analyse rechtsextremer Zeitschriften oder dem Monitoring von Social Media.Als herausfordernd bezeichnete Weidinger die Abwägung, ob es durch das Publikmachen von rassistischen Vorfällen/Aussagen zur unerwünschten Weiterverbreitung rassistischer Inhalte komme. Eine weitere Frage, die sich in der Arbeit des DÖW stellt, ist die Dokumentation sog. nicht-autochthoner Formen des Rassismus, wie beispielsweise des antikurdischen Rassismus. Diese „blinden Flecken“ versuche das DÖW zu schließen, nicht zuletzt durch mehr Diversität im Team.
Am Folgetag konnten die Themen in zwei Workshops zur Dokumentation und Archivierung von Fluchtgeschichte und Rassismen vertieft werden. Je vier Impulsgeber*innen aus der Praxis teilten ihre Überlegungen und Erfahrungen in teils sehr persönlichen und berührenden Statements und stellten diese zur Diskussion. Drei Punkte, die in beiden Workshops diskutiert wurden, sollen hier hervorgehoben werden:
Von welchem Archiv sprechen wir?
Die Unterscheidung zwischen öffentlich zugänglichen Archiven wie staatliche Archive, Kommunalarchive oder Sonderarchive und nicht öffentlich zugänglichen Archiven wie private Sammlungen von Einzelpersonen oder Familien kam immer wieder zur Sprache. Jeder Archivtyp hat gänzlich unterschiedliche Aufgabenfelder und damit auch gänzlich andere Möglichkeiten, was die Archivierung von verschiedenen Quellen zu Migrations- und Fluchtgeschichte betrifft. Während in staatlichen und kommunalen Archiven klar festgelegt ist, von welchen abgebenden Stellen welche Quellen wann ins Archiv kommen, müssen Sonderarchive, wie beispielsweise auch das DAM eines darstellt, kreative und flexible Wege finden, um zu Quellen zu kommen bzw. diese zu generieren. Somit ist es für diese Einrichtungen jedoch möglich, auch Quellen zu sammeln, die von staatlichen und kommunalen Archiven nicht berücksichtigt werden.
Auch wenn das Ideal darin bestünde, dass Migration, Flucht und Rassismus als integrale Bestandteile öffentlicher Archive mitarchiviert werden, so sieht die Realität bisher anders aus. So versuchen Sonderarchive diese Lücke zu füllen, sofern sich jemand dieser Aufgabe annimmt. Klar vorzuziehen sei diese Lösung aber einer rein privaten Archivierung: in diesen Fällen bestehen keinerlei verbindliche Richtlinien, die den Schutz der Archivalien und deren Zugänglichkeit regeln. Öffentlich zugängliche Archive stellen somit einen „safe haven“ für alle Arten von Quellen dar.
Welches Rollenverständnis wird von Archivar*innen in der Migrationsgesellschaft erwartet?
Archive helfen dabei, dass wir Geschichte nicht vergessen. Die Frage ist aber immer, wessen Geschichte erinnert wird. Welche Perspektiven werden selektiert? Bei der Diskussion um Migration, Flucht und Rassismus im Archiv darf auf die zentrale Rolle der Archivar*innen nicht vergessen werden. Sie stellen Schlüsselfiguren da und regeln erstens, was überhaupt ins Archiv kommt und zweitens, wie Archivgut wieder auffindbar und damit zugänglich gemacht wird. Lange Zeit erfolgte dieser Blick aus einer männlich und hegemonial geprägten Position heraus. „Was nicht im Kopf ist, fällt auch in der Bewertung raus“, drückte es einer der Teilnehmenden aus. Blinde Flecken in Archiven haben nicht nur damit zu tun, dass kein Material zu Migration, Flucht oder Rassismus vorliegt. Vielmehr muss sich der Blick auf das Archivgut ändern und es müssen neue Fragen gestellt werden. Damit einher geht auch die Forderung, eine diversere Personalstruktur zu schaffen.
Wie kann eine Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Archiv gelingen?
Zivilgesellschaftliche Akteur*innen – Beratungsstellen, Vereine, Aktivist*innen, NGOs, sitzen an der Quelle und dokumentieren tagtäglich Flucht, Migration und Rassismen. Viele besitzen umfangreiche Sammlungen und Bestände, jedoch sind diese nicht auf Dauer gesichert – werden ausgemistet und entsorgt – sie gehen verloren und können nicht zum Teil einer öffentlich zugänglichen Sammlung und damit der öffentlichen Erinnerungskultur werden. Die Unterlagen dieser Stellen ergänzen aber den staatlichen Blick auf Migration, Flucht und Rassismus und rücken widerständige Perspektiven und Sichtweisen von Betroffenen selbst in den Blick. Um diese Quellen „ins Archiv“ zu bringen, ist eine Zusammenarbeit zwischen Archiven, zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und der Forschung notwendig. Diese müsse vielschichtig und vor allem aufsuchend gestaltet sein. Ein Schlüsselwort ist wohl „Vertrauensarbeit“, da Bedenken in Bezug auf den Schutz von Klient*innendaten auf NGO-Seite eine große Rolle spielen. Die Aufgabe von Archiven bestehe auch darin, gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Einrichtungen Bewusstsein für die Bedeutung des Bewahrens ihrer Unterlagen zu schaffen und sie auch bei der technischen Umsetzung zu unterstützen.
Die Tagung „Flucht ins Archiv“ trug dazu bei „eine wissenschaftlich fundierte, sachliche Auseinandersetzung mit den Themen Migration, Flucht und Rassismen zu ermöglichen und die Akteur*innen im Feld zu vernetzen“, wie es auch Melanie Wiener von der Kulturabteilung des Landes Tirol wertschätzend ausdrückte. Dass eine stärkere Vernetzung erwünscht und notwendig sei, war Tenor unter allen Teilnehmer*innen, so unterschiedlich diese auch waren. An der weiteren Vernetzung wird derzeit gearbeitet. Ziel ist es, unter breiter Beteiligung aller Akteur*innen eine Wiederbelebung des 2015 ins Leben gerufenen Österreichischen Netzwerks für Migrationsgeschichte zu erreichen. Alle Interessierten sind zur Mitwirkung herzlich eingeladen und können sich an das Team des DAM unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! wenden!
Die Tagungsbeiträge von Panel 1 „Flucht - Exil - Asyl - Migration: Grenzziehungen“ und Panel 2 „Rassismen dokumentieren und archivieren“ stehen in einem Beitrag von Hemma Übelhör auf Freirad im cba Archiv zum Nachhören zur Verfügung.
Die Qual der Wahl? Auch die Arbeit von NGOs soll ins Archiv - jedoch, in welches?
Herbert Langthaler, Sozialanthropologe und Gründungsmitglied der asylkoordination Österreich
Öffentliche Einrichtungen haben einen klaren Ablauf. Es werden zu allen Tätigkeiten Akten angelegt, die in Evidenz gehalten werden, bis der Vorgang abgeschlossen ist. Nachdem diese Akten dann für eine gewisse Zeit in internen Ablagen aufbewahrt wurden, folgt der Schritt in die öffentlichen Archive. Was, wo und wie lange aufbewahrt werden muss, ist ebenso gesetzlich geregelt wie der Zugang zu diesen Archivbeständen.
Herbert Langthaler weist auf die Bedeutung der Archivierung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen und eines Archivs der Flucht und Migration hin. (Foto: Moser, ZeMiT)
In Nichtregierungsorganisationen gibt es unterschiedlichen Umgang mit den sehr unterschiedlichen Dokumenten, die produziert und bearbeitet werden.
Aufgehoben werden Protokolle und Arbeitsunterlagen meist nur bis zum Abschluss von Projekten, um Berichte fertig zu stellen, diese haben dann meist eine längere Halbwertszeit – bis zu runden Jubiläen oder bis der Platz ausgeht, dann droht der Schredder oder oft einfach die Altpapiertonne.
Im Folgenden werde ich aus meinen persönlichen Erfahrungen mit einer kleinen NGO Überlegungen entwickeln, warum es sich lohnt, Bestände aus solchen zivilgesellschaftlichen Organisationen archivisch zu erfassen und zu bewahren.
Die asylkoordination österreich, deren Arbeit ich in den letzten 32 Jahren als Vorstandsmitglied als auch als Mitarbeiter mitgestalten durfte, verfügte in den Jahren vor der Digitalisierung (und auch noch nach Ausrufung des „papierlosen“ Büros) über ein vergleichsweise verschwenderisches Raumangebot, der Inhalt vieler Ordner wurde auch nach Abschluss von Projekten nicht entsorgt, sondern wanderte in diverse Wandschränke oder (zum Glück trockene) Kellerabteile. Was fehlte, war Zeit, um ein Ablagesystem zu entwickeln, das über eine chronologische Ordnung hinaus die Dokumente nach inhaltlichen Kriterien strukturiert hätte.
Bestände in zivilgesellschaftlichen Organisationen
Die asylkoordination ist in erster Linie eine Vernetzungsstruktur von Dutzenden Flüchtlingshilfs- und Betreuungsorganisationen, sowie privater Initiativen.
Die für die Arbeit von Historiker:innen wohl bedeutendsten Bestände sind die Protokolle von internen Sitzungen und Vernetzungstreffen von Netzwerken und Plattformen. Viele dieser Protokolle sind vermutlich exklusiv bei der asylkoordination zu finden und ermöglichen das Nachvollziehen politischer Entwicklungen, wie zum Beispiel die Diskussionen um die Regularisierung der bosnischen Vertriebenen oder von „Langszeitasylwerber:innen“ in der ersten Hälfte der 1990er Jahre.
Seit Beginn der Arbeit der asylkoordination wurden auch Projekte durchgeführt. Hier dürfte es wenig Unterschiede zu anderen NGOs geben. Anträge, Förderverträge mit Geldgebern, Zwischenberichte, Sitzungsprotokolle, und Projektberichte wurden (werden inzwischen meist digital) abgelegt und zumindest bis zum Ablauf gewisser Fristen, innerhalb derer Prüfungen durch staatliche Stellen möglich sind, aufbewahrt. Auch hier verfügt die asylkoordination aus oben erwähnten Gründen noch über Dokumentationen von Projekten aus den 1990er Jahren.
Die inhaltliche organisationsübergreifende Vernetzung durch die asylkoordination hat sich insbesondere im Bereich der Fluchtwaisen (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) in einem umfassenden Bestand an Dokumenten niedergeschlagen. Diese Bestände wurden vor nunmehr ca. 15 Jahren im Zuge eines Praktikums von einem Studierenden geordnet und katalogisiert. Leider wurde diese Dokumentation von der Nachfolge des den Fachbereich leitenden Kollegen nicht fortgeführt. Dies zeigt, wie erratisch Archive in NGOs in Folge sehr begrenzter Mittel geführt werden.
Einen weiteren Bestand bildet das, was oft als „graue Literatur“ bezeichnet wird: Broschüren und Projektberichte, die zwar gedruckt werden, aber nicht mit einer ISBN (Internationale Standardbuchnummer) versehen wurden und auch nicht als Ausgabe einer Zeitschrift oder Publikationsreihe in öffentliche Bibliotheken und Archive eingehen. Auch hier wurde parallel zur Erfassung der Präsenzbibliothek der asylkoordination eine Katalogisierung durchgeführt. Solche Bestände geben einen wertvollen Überblick über Arbeits- und Diskussionsschwerpunkte in den Tätigkeitsfeldern von NGOs. Viele interne Studien/Erhebungen sind nur in dieser Form dokumentiert.
Die Existenz eines (dezentralen) „Archivs der Flucht und Migration“ allein würde bei vielen Organisationen einen anderen Umgang mit Dokumenten bewirken. Im Zuge von Praktika wäre es leicht möglich, Bestände regelmäßig zu sichten und zu strukturieren, um eine Übernahme in das Archiv zu erleichtern.
Wer könnten die Nutzer:innen solcher Archive sein?
Wohl in erster Linie Historiker:innen. In den letzten 50 Jahren haben sich in vielen Politikfeldern neue nichtstaatliche Akteur:innen organisiert, deren Tätigkeit kaum systematisch erfasst wird. Um die Rolle dieser Organisationen in Politik und Diskurs zu erfassen, werden Historiker:innen auf solche Bestände in professionell geführten Archiven der Zivilgesellschaft zurückgreifen müssen – so es sie gibt. Dafür zu sorgen, ist hoch an der Zeit.
Gedanken für ein rassismuskritisches Archiv der Migration
Faime Alpagu, Migrations- und Biographieforscherin Universität Wien
In Österreich ist die Archivierung von Migration erst in den letzten Jahren zu einem Thema der akademischen Diskussion, in Schulen und anderen Institutionen wie Museen geworden. In meinem Forschungsprojekt „Migration Narratives Juxtaposed: A Sociological Analysis of Biographies, Photos and (Audio) Letters of “Guest Workers” from Turkey living in Austria“ untersuchte ich Fotos und (Audio-)Briefe von „Gastarbeiter*innen“, die von den 1960ern bis Ende der 1980er Jahre an Familienmitglieder in der Türkei zurückgeschickt wurden (Alpagu, 2021). Zusätzlich zu den geschriebenen und besprochenen Briefen und Fotos übergaben sie mir auch andere Materialien wie selbst geschriebene Gedichte oder offizielle Unterlagen wie ihre alten Pässe. Ich ergänzte diese Materialien durch biographisch-narrative Interviews.
Faime Alpagu beschäftigt die Frage, wie marginalisierte Gruppen sichtbar (gemacht) werden können, ohne das Anderssein zu reproduzieren oder sie zur Zielscheibe von Voyeurismus zu machen. (Foto: Moser, ZeMiT)
Während meines Projekts stellte ich eine Diskrepanz zwischen dem vorhandenen Material über die Migrationserfahrungen und dem, was in öffentlichen Archiven verfügbar ist, fest. Menschen mit Migrationserfahrung scheinen selbst für die Bewahrung ihrer Geschichten und Materialien verantwortlich zu sein. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Ressourcen: Wer hat die Mittel, um die Materialien überhaupt zu produzieren (z. B. Briefe zu schreiben und zu versenden), sie aufzubewahren und an ein Archiv zu übergeben? Folglich werden ihre Geschichten und Materialien der Migrationserfahrungen, wenn sie nicht verloren gehen, oft in Familienarchiven aufbewahrt. Da es kein systematisches und zentrales Archiv gibt, muss das Rad immer wieder neu erfunden werden. Alle Anstrengungen werden jedes Mal aufs Neue unternommen und sind periodisch; das Ergebnis ist daher „fragmentiert“.
Antonio Gramsci argumentiert, dass „subalterne Subjekte“ (hier sind Migrant*innen gemeint) nur begrenzte Möglichkeiten haben, sich öffentlich zu artikulieren. Daher ist die Geschichte „subalterner“ Gruppen „episodisch“, „fragmentiert“ und schwer nachzuvollziehen und folglich auch schwer zu archivieren, wie Deniz Utlu (2011) argumentiert. Wie können also ihre Geschichten erzählt und weitergegeben werden, wenn sich die meisten historischen Darstellungen, einschließlich der offiziellen Geschichte, auf die mächtigen und begünstigten Mitglieder der Gesellschaft konzentrieren? Gramsci argumentiert, „(...) die Rekonstruktion der geschichtlichen Spuren der Subalternen erfordern eine genaue Suche, viel Geduld und eine Verbindung zu ihren Bewegungen“ (Gramsci, 1929 -1935 in Becker et al. 2013: 212). Andernfalls bleiben ihre Geschichten voneinander getrennt und „bruchstückhaft“.
Andererseits bedeutet die Darstellung in einem Museum oder Archiv nicht automatisch, dass die marginalisierten Menschen in der Gesellschaft gesehen und anerkannt werden, wie Suhaiymah Manzoor-Khan (2019) es ausdrückt: „Just because they give you a seat at the table doesn’t mean they want you to speak at the table” (s. 81). Vielmehr kommt es auf die Art der Repräsentation und ihr Zielpublikum an: Wer repräsentiert wen, wie und wer hat Zugang zu diesen Repräsentationen? Was wird durch wen (un)sichtbar gemacht? Wie kann man die marginalisierten Gruppen sichtbar machen, ohne das Anderssein zu reproduzieren, sie zur Zielscheibe von Voyeurismus (Sontag, 2003) zu machen oder sie zu exotisieren?
Im deutschsprachigen Raum werden Menschen mit Migrationserfahrungen tendenziell als eine homogene Gruppe dargestellt, so dass der Fokus auf sie eher defizitorientiert ist. Der Fokus auf „Defizite“ und „Probleme“ führt dazu, dass die Kompetenzen, die diese Menschen haben, übersehen werden. Darüber hinaus werden sie leicht mit Kategorien wie „Arbeitsmigranten“ oder „Wirtschaftsflüchtlinge“ gekennzeichnet und folglich darauf beschränkt. Dadurch wird hervorgehoben, dass sie „nur und in erster Linie“ Migrant*innen sind, was zu einer „super-visibility“ (Brighenti, 2007) führt.
Im Folgenden möchte ich meine Gedanken zu dieser Einschränkung und „super-visibility“ am Beispiel des Projekts Kundeyt Şurdum: „Doch die Zeit die braucht neue Menschen“ im vorarlberg museum unter der Leitung von Fatih Özçelik erläutern. Der Nachlass des 2016 verstorbenen Schriftstellers, Übersetzers, Journalisten und Lehrers wurde zwei Jahre lang in einem interdisziplinären Forschungsprojekt von Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, aber auch Şurdums ehemaligen Kolleg*innen sowie Schüler*innen untersucht. Die aus dem Nachlass überlieferten Dokumente spiegeln die vielfältigen Aktivitäten von Şurdum wider, der 1971 aus der Türkei nach Vorarlberg übersiedelte.
Es stellte sich als herausfordernd dar, über ihn als Person mit Mehrfachidentitäten zu sprechen. Er wurde mit vielen Zuschreibungen belegt, wie beispielsweise mit dem Begriff „Gastarbeiterautor“ mit der Betonung auf sein „Migrant-Sein“, was immer seine „otherness“ markierte. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Şurdum 1996 den Johann-Peter-Hebel-Preis erhielt, der an Schriftsteller*innen wie Elias Canetti, Michael Köhlmeier und Monika Helfer verliehen wurde. Des Weiteren wurde er exotisiert (für seine Liebe zum „türkischen Tee“), heroisiert und als „guter Migrant“ (Shukla 2017) eingestuft, indem er als „Brückenbauer“ zwischen „türkischen Migrant*innen“ und Österreicher*innen bezeichnet wurde. Obwohl er einer Minderheitengruppe in der Türkei, den Tscherkess*innen, angehörte und es ihm wichtig war, auch als Tscherkesse gesehen zu werden, war er bis dahin nur als "türkischer Migrant" sichtbar. Es stellte sich auch heraus, dass seine Frau Ayşe Şurdum jahrelang eng mit ihm zusammengearbeitet hatte und die gesamte „Sekretariatsarbeit“ für seine Schriften erledigte. Ihr Name war jedoch nicht bekannt und sie wurde nur als „die Witwe“ erwähnt, die den Nachlass übergab.
Es ist und bleibt also eine Herausforderung, Kundeyt Şurdum nicht „nur als Migrant“ zu definieren, sondern als eine Person mit Mehrfachidentitäten: Migration ist eines seiner Merkmale, die je nach dem Kontext, in dem über ein Thema gesprochen wird, mal mehr in den Vordergrund tritt und sichtbar wird und mal in den Hintergrund rückt. Migration ist fluide und verändert sich je nach Zeit und Kontext. Es ist festzuhalten, dass das Projekt über Şurdums Nachlass ein Versuch ist, die klischeehaften Bilder und Erzählungen über Migrant*innen zu durchbrechen, aber es ist ein Prozess, der viele weitere Diskussionen erfordert, um mit den Komplexitäten, Widersprüchen und Paradoxien umzugehen.
Die Biographieforschung mit dem Ansatz, verschiedene Materialien gegenüberzustellen und sie mit den Biographien in Verbindung zu bringen, ist daher besonders wichtig, wenn es um die Erforschung von marginalisierten Gruppen geht, denen nicht (genug) Raum gegeben wird, sich auszudrücken (Alheit&Dausien, 2009). Auf diese Weise wirkt die Biographieforschung den klischeehaften Bildern von Menschen mit Migrationserfahrungen entgegen – Bildern, die oft verallgemeinert und homogenisiert sind.Dazu bedarf es einer reflektierten und kritischen Haltung - insbesondere in der Migrations- und Rassismusforschung, die allerdings keineswegs von Rassismus befreit sind.
Auch im Kontext von Archiven ist ein reflektierter, kritischer Ansatz von Relevanz. So könnten folgende Fragen zur Reflexion einer rassimuskritischen Archivforschung beitragen: Unter welchen Bedingungen und Machtverhältnissen entstehen Projekte zu Archiven der Migration? Wer sammelt was, warum und wie? Welche Interessen werden von wem vertreten? Wie geht ein Archiv mit den Biographien und anderen Zeugnissen um? Wer hat die Deutungshoheit über das Sammeln, Interpretieren und (Un-)Sichtbarmachen des gesammelten Wissens?
Lebst du schon, oder wirst du noch diskriminiert? Zur Problematik von Diskriminierungen im Wohnbereich
Miriam Hill, ZeMiT/ARAtirol
Wohnen gilt als konstitutives Menschenrecht und stellt ein menschliches Grundbedürfnis dar. Die Bedingungen am Wohnungsmarkt sprechen allerdings eine andere Sprache. Nach Artikel 11 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) hat jeder Mensch das Recht auf angemessenen Wohnraum. Leider ist gerade die Lage auf dem hiesigen Wohnungsmarkt sehr angespannt.
ARAtirol wird immer wieder um Hilfe gebeten, wenn es um Diskriminierungen geht, die Menschen im Kontext ihrer (zugeschriebenen) Herkunft erfahren. Dabei werden Vergabekriterien, diskriminierende Inserate, die konkrete Wohnsituation oder Schwierigkeiten mit Nachbar*innen genannt, die dazu führen, dass Wohnen als Menschenrecht torpediert wird. Für viele Menschen ist es mittlerweile zu einer Herausforderung geworden, ausreichend großen und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum in Tirol und vor allem in Innsbruck zu bekommen. Insbesondere für vulnerable Gruppen wie Alleinerziehende, Familien, Menschen mit Behinderung, ältere oder einkommensschwache Menschen ist geeigneter Wohnraum rar. Die Situation verschärft sich zudem, wenn Wohnungssuchende einen (zugeschriebenen) Migrationshintergrund oder Fluchterfahrungen haben.
Obwohl im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) der Diskriminierungsschutz verankert ist, stellt gerade der Wohnungsbereich einer jener Orte dar, an dem es immer wieder zu rassistischen Diskriminierungen kommt. Dies kann auf subtile Weise, beispielsweise durch Geringschätzung oder abwertende Blicke vollzogen werden. Aber auch massive Diskriminierungen und Rassismuserfahrungen können die Wohnsituation unerträglich machen. So berichten Klient*innen von immer wiederkehrenden verbalen Beschimpfungen wie „Scheiß Ausländer, hau ab!“ oder übergriffigem, menschenverachtendem Verhalten, das sich teilweise sogar in körperlichen Attacken und Einschüchterungen manifestiert.
ARAtirol nimmt die Beschwerden ihrer Klient*innen sehr ernst und sieht hier eine Problematik gesellschaftlicher Tragweite. Wir sind stets bemüht, Ratsuchende zu unterstützen und in Kooperation mit der Gleichbehandlunganwaltschaft oder anderen Sozialpartner*innen eine gute Lösung zu finden. Hier dient das Gleichbehandlungsgesetz als Rechtsgrundlage, um deutlich zu machen, dass auch verbale Äußerungen eine Belästigung darstellen können. Nach § 16 GlBG fallen unter eine Belästigung einschüchternde, feindselige oder entwürdigende Verhaltensweisen, die die Würde der betroffenen Person verletzen und die sich auf ihre Herkunft beziehen.
Im Sinne einer diversitätsbewussten und rassismuskritischen Perspektive unterstützt ARAtirol all jene Menschen, die Rassismuserfahrungen gemacht haben. Gleichzeitig fordern wir die Mehrheitsgesellschaft dazu auf, genauer hinzuschauen, wenn Diskriminierungen in ihrem Umfeld hör- und sichtbar werden, um sich offen dagegen auszusprechen. Nur so ist ein gutes Miteinander möglich.
Weiterführende Informationen
Diskriminierung melden: Wenn Sie selbst Diskriminierungserfahrungen machen oder solche beobachten, können Sie die hier anonym an ARAtirol melden.
ARAtirol (Antirassismus-Arbeit Tirol) ist eine Anlauf-, Service- und Monitoringstelle für rassismus- und diskriminierungskritische Arbeit in Tirol.
- Wir beraten Menschen und deren Angehörige, die von Diskriminierung und Rassismus betroffen sind.
- Wir dokumentieren rassistische und diskriminierende Vorfälle.
- Wir bieten einschlägige Weiterbildungen und Schulungen an.
- Wir engagieren uns für den Aufbau eines bleibenden Netzwerks gegen Rassismus in Tirol
Das Ende der Grundversorgung: Steigende Unabhängigkeit führt mitunter in soziale Notlagen
Andrea Possenig-Moser, ZeMiT
In Tirol befanden sich mit Stichtag 24. Mai 2023 5 729 Personen in der Grundversorgung. Tirol liegt dabei nach wie vor 21 % unter dem vereinbarten Niveau für die Versorgung von schutzbedürftigen Personen. Die Grundversorgung richtet sich an Personen, die sich im Asylverfahren befinden, an subsidiär Schutzberechtigte im Beschwerdeverfahren, an Geduldete, an Vertriebene aus der Ukraine und wird, nach ev. Anerkennung des Asylstatus, mindestens weitere vier Monate in Form von Geld für Lebensunterhalt und Krankenversicherungsschutz zur Verfügung gestellt. Die Unterbringung wird in Selbstversorgereinrichtungen, in Vollversorgungseinrichtungen oder in privaten Unterkünften organisiert.
Mit Anerkennung des Asylstatus endet für Betroffene nach vier Monaten der Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung. Mit Anerkennung des Asylstatus sind oft jahrelang quälende, rechtliche Unsicherheiten und Ängste geklärt, auch wenn persönliche, familiäre und psychische Traumata und Schicksalsschläge das Leben unumstößlich und dauerhaft prägen. Der volle Zugang zum Arbeitsmarkt, Niederlassungsfreiheit und die Möglichkeit, einen Konventionsreisepass zu beantragen, bedeuten dennoch DEN wesentlichen Schritt Richtung Freiheit, Sicherheit und Unabhängigkeit. Die anfängliche Erleichterung und Freude erlebt allerdings spätestens bei der Suche nach geeignetem und leistbarem Wohnraum einen ordentlichen Dämpfer.
Schlechte Aussichten: Die Suche nach Wohnraum ist aktuell insgesamt schwierig. Für Geflüchtete und Migrant:innen nahezu hoffnungslos. (Foto: Moser)
Allein im Juli 2023 werden knapp 80 Personen tirolweit aufgefordert, aus der Unterkunft, die ihnen im Rahmen der Grundversorgung zugesprochen wurde, auszuziehen und somit gefordert, geeigneten Wohnraum zu finden. Damit konfrontieren sie unmittelbar einen der aktuell problematischsten "Märkte" in Tirol: Insgesamt reicht das Angebot an leistbaren Wohnungen bei Weitem nicht aus; Leerstand, Spekulation und Inflation treiben die Preise am freien Wohnungsmarkt immer weiter in die Höhe. Der Druck auf den ohnehin unterrepräsentierten gemeinnützigen Wohnraum ist stark steigend, auch und obwohl auch in diesem Segment nicht mehr mit "Schnäppchen" zu rechnen ist. Zusätzlich sind die Ausgaben für Betriebskosten in den letzten Monaten deutlich und nicht selten um das Doppelte gestiegen. Die Diskriminierung am Wohnungsmarkt (siehe Artikel ARAtirol) macht die Suche nach Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge außerdem zu einem zermürbenden Spießroutenlauf. Die Suche nach Arbeit steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer gesicherten Unterkunft und wird unter diesen vulnerablen Bedingungen zur ebenso großen Herausforderung.
Immer wieder verzögert sich der Auszug aus Einrichtungen der Grundversorgung deutlich, gerade Familien sind davon betroffen. Manchmal werden Betriebswohnungen zur erhofften Lösung, manchmal glückliche Zufälle am Wohnungsmarkt. Im überwiegenden Fall bleibt die Lage für Wohnungssuchende im Allgemeinen und wohnungssuchende Migrant:innen im Besonderen prekär bis bedrohlich. Sozialeinrichtungen wie FLUCHTpunkt, Diakonie Flüchtlingshilfe, DOWAS, und der Verein für Obdachlose sind mit zahlreichen Anfragen und einer massiven Zuspitzung der Lage von wohnungssuchenden oder prekär untergebrachten Personen konfrontiert. Die gemeinnützigen Wohnungen sind rares Gut und durch Exklusivität gekennzeichnet. Es bleibt der private Wohnungsmarkt. An diesem zeigt sich, dass der Markt das Bedürfnis Wohnen nicht befriedigen kann und die sozialen Sicherungssysteme nicht für ausreichend Kompensation sorgen. So wurde die Wohnkostenverordnung, welche eine Obergrenze an Unterstützungen über die Tiroler Mindestsicherung festlegt, zuletzt im September 2022 angepasst. Wich diese schon damals um 40 % von den tatsächlichen Kosten ab, so haben sich die Mieten inklusive Betriebskosten seither eklatant erhöht. Die Perspektiven am Tiroler Wohnungsmarkt sind düster.
Filmbiscuit: Rassismus und Sexismus am Set
Andrea Possenig-Moser, ZeMiT
Sexuelle Übergriffe und die Frage der Repräsentation im Filmbusiness wurden am 8. Juni 2023 im Rahmenprogramm des Internationalen Filmfestivals in Innsbruck diskutiert. In der Innsbrucker Machete dachten der Filmschaffende Lukas Ladner und der Schauspieler Komi Togbonou gemeinsam mit Dajana Mehadzić vom ZeMiT über Wege in eine diskriminierungsfreie Zukunft in der Filmbranche nach.
Es regt sich was im Filmbusiness und von vielen Seiten werden sichere Arbeitsbedingungen am Set gefordert und die gesellschaftliche Verantwortung bei der Besetzung von Rollen vor und hinter der Kamera betont. Seit Kurzem coachen Intimitätskoordinator:innen Schauspierler:innen in intimen Situationen. Komi Togbonou arbeitet aktuell an einer Serie mit, bei der mit deren Hilfe auf die Bedürfnisse aller geachtet wird. Das Ergebnis gibt dem vermeintlich zusätzlichen Aufwand seiner Meinung nach eindeutig recht: „Es geht einfach allen gut, wir sind viel effektiver und schneller. Wenn es harmoniert, kann man gemeinsam in die Tiefe gehen und das größte Licht gestalten. Jeder muss gesehen werden und sich gesehen fühlen - nur so können wir Geschichten sinnvoll erzählen.“
Komi Togbonou, Lukas Ladner im Gespräch mit Dajana Mehadzić in der Machete in Innsbruck. (Foto: Moser, ZeMiT)
Neben dem sensiblen Umgang mit Intimität ist die Frage der Repräsentanz nicht minder aktuell. Wenn es den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht zeitnah gelingt, die gesellschaftliche Wirklichkeit in ihrer ganzen Vielfalt auf dem Bildschirm abzubilden oder auch vorwegzunehmen, wird sie gegen Plattformen wie TikTok und YouTube nicht bestehen können und vor allem die junge Generation nicht mehr erreichen. Die Reproduktion von ewig gleichen Geschichten in tradierten Bildsprachen hat ihre Berechtigung verloren. Es geht darum, Geschichten neu zu erzählen, zu variieren und neue Perspektiven einzunehmen. Nur so können Film und Kino ihre gesellschaftlich relevante Rolle auch stärken. Eindrücklich hat sich die Macht der Bilder in der kürzlichen Diskussion um die Neuverfilmung des Klassikers ARIELLE gezeigt, in der die afroamerikanische Schauspielerin Halle Bailey die Hauptrolle spielt. Die Begeisterung und Dankbarkeit so vieler, endlich vertreten und sichtbar zu sein, stand einer ausufernden Entrüstung darüber gegenüber, dass Arielle nicht Schwarz sein könne, weil sie immer schon Weiß war. Die gesellschaftspolitische Macht von Bildtraditionen kommt hier massiv zum Ausdruck. Lukas Ladner hält in der Diskussion fest: „Wir stehen oft einer historisch gewachsenen Wand an Sehgewohnheiten gegenüber, die gesellschaftiche Machtverhältnisse und Rollen schon über Jahrhunderte mittransportiert. Die Reflexion und Aufarbeitung dieser Sehgewohnheiten ist ein wesentlicher Aspekt gesellschaftlicher Weiterentwicklung. Eine Aufgabe, der wir uns auch im Filmgeschäft stark zuwenden müssen.“
Für eine gute und respektvolle Arbeit am Set ist es entscheidend, im Gespräch mit allen Beteiligten zu bleiben. Es ist die Aufgabe der Regie und der Produktion, Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche klar zu kommunizieren und Schauspieler:innen in ihrer Arbeit respektvoll zu fördern und zu fordern. „Was haben wir noch nicht gesehen?“ soll als leitende Frage zu neuen Geschichten und neuen Perspektiven auf bekannte Geschichten führen. Zudem müssen sich alle Menschen auf der Leinwand wiederfinden, sehen und gesehen werden. Diesen entscheidenden Hebel für eine friedliche Entwicklung in der Gesellschaft hält nicht nur, aber auch, die Filmindustrie in ihren Händen.
Der Filmbiscuit wurde im Rahmen des TKI open-Projektes Dominoeffekt organisiert. TKI open wird von der Stadt Innsbruck und dem Land Tirol gefördert.
Frauencafé: Austausch in entspannter Runde
Frauen aus allen Ländern startet mit einer neuen Runde der bewährten Frauencafés. Diesmal richtet sich das Angebot speziell an Mütter, die sich in entspannter Atmosphäre über das Leben mit Kindern austauschen möchten. Interessierte Frauen treffen sich dafür einmal pro Woche bei Frauen aus allen Ländern bzw. im Stadtteilzentrum Wilten. Es gibt Inputs zu pädagogischen Themen und Impulse für einen Austausch untereinander. Getränke und Jause stehen ebenso bereit, Kinderbetreuung gibt es wie immer auch.
Info Müttercafé Dienstag
Info Müttercafé Donnerstag
bilding grenzenlos bietet in den Sommerferien kostenlose Workshops für Kinder mit Fluchterfahrung an
bilding grenzenlos ist ein integratives Kunst- und Architekturprojekt, welches speziell auf die aktuelle Fluchtsituation von Kindern und Jugendlichen in Tirol reagiert. Unter dem Motto bilding grenzenlos wird auch 2023 das gesamte Sommerprogramm im bilding stattfinden. Seit Jahren veranstaltet bilding ein umfangreiches kreatives Sommerprogramm mit einer großen Anzahl von Kindern, Jugendlichen und einem hochmotivierten KünstlerInnen-Team aus allen Sparten der Kunst und Architektur. So unterschiedlich die Programme sind, das verbindende Gemeinsame der Sommerwerkstätten ist die große Freiheit – und nichts Weniger gibt uns auch heuer Anlass, allen Kindern, die kriegsbedingt genau dieser Freiheit in ihrem gewohnten Umfeld beraubt wurden, eine adäquate Alternative in der Fremde zu bieten. Von allen verfügbaren Workshopplätzen werden wir die Hälfte Kindern mit Fluchthintergrund kostenlos zur Verfügung stellen. Mit bilding grenzenlos wollen wir ein solidarisches Zeichen für den Frieden setzen. Kinder brauchen Freiraum und Frieden, um ihre Kreativität leben und ihre Persönlichkeit frei und umfassend entwickeln zu können. bilding grenzenlos soll allen Kindern einen gemeinsamen kreativen Freiraum bieten.
Werkstätten für Kinder ab 7 Jahren:
10.7. bis 14.7. Architekturwerkstatt – LABilding hoch hinaus
17.7. bis 21.7. Architekturwerkstatt – LABilding tief hinein
24.7. bis 28.7. Sommerakademie – LABilding, das experimentelle Raumlabor 01
31.7. bis 04.8. Sommerakademie – LABilding, das experimentelle Raumlabor 02
Werkstätten für Kinder ab 8 Jahren:
07.8. bis 11.8. bilding grenzenlos – Kunst verbindet 01
14.8. bis 18.8. bilding grenzenlos – Kunst verbindet 02
21.8. bis 25.8. bilding grenzenlos – Kunst verbindet 03
28.8. bis 01.9. bilding LUFTIKUS
Werkstätten für Kinder von 4-6 Jahren:
24.7. bis 27.7. Mini-Sommerakademie – Zorby auf Forschungsreise 01
31.7. bis 03.8. Zorby auf Forschungsreise 02
Offene Werkstatt für alle:
24.7. bis 28.7. & 31.7. bis 04.8. PARKLAB – das Labor in allen Farben
Bei Interesse bitte bei uns melden Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
https://www.bilding.at/workshops-events/bilding-grenzenlos-2/
Das Lernprojekt MEINE CHANCE von pitanga – vielleicht auch DEINE Chance?
Das Lernprojekt MEINE CHANCE von pitanga startet am 5. September in sein 6. Semester – und wir freuen uns schon darauf! Junge Menschen mit Flucht- und/oder Migrationserfahrung zwischen 15 und 25 Jahren, die am besten schon einen Aufenthaltstitel haben, werden hier von einem engagierten und erfahrenen Team von Trainer*innen in Deutsch, Mathematik und Englisch auf weiterführende Bildungsangebote vorbereitet. Zusätzlich werden digitale Grundkompetenzen vermittelt, Exkursionen zu den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit unternommen und die jungen Menschen vielfältig ins Vereinsleben integriert. So können sie neue Kontakte knüpfen und Impulse für ihre Berufswünsche bekommen. Manchmal brauchen junge Frauen* und Männer* auch einen Raum für sich, um sich zu ihren eigenen Themen offen austauschen zu können – dafür werden geschlechterspezifische Workshops angeboten.
Spaß, Gemeinschaft und Lernen sind kein Widerspruch! Im Lernprojekt MEINE CHANCE verstärken sie sich gegenseitig. (Foto: pitanga)
MEINE CHANCE kann ein oder zwei Semester besucht werden und kann bereits auf viele positive Erfahrungen und schöne Erfolge verweisen. Wenn ihr findet, dass MEINE CHANCE genau da ist, wonach ihr sucht, dann meldet euch ab sofort für ein Aufnahmegespräch oder einen Termin unter 0676 700 46 69. Wir freuen uns auf euch!
Verein pitanga - gemeinsam Vielfalt leben
Fischerhäuslweg 2
6020 Innsbruck
Tel. 43 676 700 4669
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
https://vereinpitanga.at
Veranstaltungsreihe füreinander.einstehen von Mai bis Dezember 2023
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte legt universell anerkannte Standards für die Behandlung von Menschen durch Regierungen und Gesellschaften fest. Vor 75 Jahren haben die Vereinten Nationen das Dokument verabschiedet, seitdem haben es 193 Mitgliedsstaaten unterzeichnet und ratifiziert. 75 Jahre später müssen wir dennoch immer wieder feststellen, dass Menschenrechte oft genug nicht als universell, unveräußerbar, unteilbar und unverhandelbar angesehen und umgesetzt werden.
Von Mai bis Dezember 2023 werden verschiedene Veranstaltungen in Innsbruck die Bedeutung der Menschenrechte unterstreichen. Denn auch in Österreich ist die Einhaltung der Menschenrechte nicht selbstverständlich. Wir laden herzlich dazu ein, an den Veranstaltungen teilzunehmen und sich einzubringen. Den glitzernden Abschluss der Veranstaltungsreihe bildet am 10. Dezember 2023 die Aktion Lichtermeer für Menschenrechte.
Im Dezember bildet ein Lichtermeer für Menschebnrechte den Abschluss der Veranstaltungsreihe. Das Foto zeigt das Lichtermeer 1993 anlässlich des Ausländervolksbegehrens. (Foto: DAM/Bestand Hetfleisch)
Detailinfos in den Terminen und in der Programmübersicht.
Eine Veranstaltungsreihe von: Haus der Begegnung der Diözese Innsbruck · Initiative Minderheiten Tirol · Stadt Innsbruck, Abteilung für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration der Stadt Innsbruck · Plattform Asyl – FÜR MENSCHEN RECHTE
In Kooperation mit: Filmfestival im Waldhüttl · Verein Arbeitskreis Wissenschaft und Verantwortlichkeit · Integrationsbüro Innsbruck · Kinder-Sommer-Uni der Universität Innsbruck · FLUCHTpunkt Hilfe – Beratung – Intervention für Flüchtlinge · afrique.europe.interact · Welthaus der Diözese Innsbruck · ART against Racism · IG Autorinnen Autoren Tirol
SKAID: Skaten und Kunsttherapie für Kinder mit Flucht- und Migrationsbiografie
Das Zentrum für interkulturelle Psychotherapie ANKYRA – Diakonie Flüchtlingsdienst bietet in Kooperation mit dem Verein SKAID das therapeutische Sommerprojekt „Skaten und Kunsttherapie für Kinder mit Flucht- und Migrationsbiografie“ an.
Teilnehmen können Kinder im Alter zwischen 9 und 12 Jahren. Das Projekt umfasst max. 8 Teilnehmer:innen. Voraussetzung für die Aufnahme sind die Zusendung des vollständig ausgefüllten Anmeldeformulars bis spätestens 10. Juli 2023 an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Zur Vorbereitung werden Elterngespräche durchgeführt.
Info Deutsch
Info Russisch
Info Farsi
Info Türkisch
Info Arabisch
Anmeldeformular
EMPFEHLUNG AUS DER BIBLIOTHEK FÜR INTEGRATION UND MIGRATION
Judith Kohlenberger: Das Fluchtparadox. Über unseren widersprüchlichen Umgang mit Vertreibung und Vertriebenen, Verlag Kremayr & Scheriau, 2022.
Welchen lebensbedrohlichen Gefahren sich Vertrieben auf der Suche nach Sicherheit aussetzen müssen, haben die schrecklichen Aufnahmen des tragischen Bootsunglücks vor der Küste Griechenlands in der Nacht auf Mittwoch, den 14. Juni 2023 mit Hunderten Todesopfern noch einmal vor Augen geführt. Trotz der Forderung nach legalen Fluchtwegen einigten sich die EU-Innenminister*innen eine Woche vor dem Bootsunglück auf restriktivere Regelungen zur zukünftigen Ausgestaltung der europäischen Asylpolitik.
Bereits ein Jahr vor den aktuellen Ereignissen erschien „Das Fluchtparadox“. Darin zeichnet die Fluchtforscherin Judith Kohlenberger historische und gegenwärtige Entwicklungen aus rechtlicher, gesellschaftlicher und individueller Perspektive nach und bietet damit eine umfassende Analyse des Umgangs mit Vertriebenen in Europa. Dabei wird deutlich, wie sehr das Thema von Widersprüchen geprägt ist. Denn um zu seinem Recht auf Asyl in Europa zu kommen, müssen Vertriebene zunächst das Recht brechen und die Grenzen „illegal passieren“. So definiert Kohlenberger Flucht als traumatisierend und paradox und zeigt, wie wir zu einer menschlichen Asyl- und Integrationspolitik kommen könnten.
„Das Fluchtparadox“ ist das Wissenschaftsbuch des Jahres 2023 und wurde für den diesjährigen Deutschen Sachbuchpreis nominiert.
Hinweis
In einem kürzlich veröffentlichten Beitrag im deutschen Fluchtforschungsblog wird der Beschluss der EU-Innenminister*innen zur Reform des EU-Asylrechts aus wissenschaftlicher Sicht – u. a. von Judith Kohlenberger – kommentiert.
Ausleihe BIM
„Das Fluchtparadox“ und viele weitere Bücher stehen Leser*innen der BIM zur Ausleihe zur Verfügung. Die Ausleihe ist kostenlos und die Dauer beträgt 12 Wochen. Mehr Informationen erhalten Sie hier oder per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Arbeitsmarktsituation von Migrant:innen in Österreich 2021 / Modul der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2021
Statistik Austria 12/2022
Die Publikation enthält die Hauptergebnisse des Moduls „Arbeitsmarktsituation von Migrant:innen in Österreich", welches im Anschluss an die Fragen des Mikrozensus-Grundprogramms im Jahr 2021 durchgeführt wurde. Es werden die zentralen Ergebnisse zu den thematischen Schwerpunkten Ausmaß der Deutschkenntnisse, Vorhandensein und Anerkennung oder Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse sowie Schwierigkeiten bei der Suche einer qualifikationsadäquaten Arbeit nach den wichtigsten soziodemographischen und erwerbsstatistischen Merkmalen präsentiert. Weitere bildungsbezogene Analysen, wie die höchste abgeschlossene Ausbildung in Abhängigkeit von den formalen Qualifikationen der Eltern werden ebenfalls im Rahmen dieser Publikation zur Verfügung gestellt. Einen Einblick in die Arbeitswelt von Erwerbstätigen liefern außerdem Analysen zu Diskriminierungserfahrungen unterschiedlicher Personengruppen, wie etwa differenziert nach Geburtsland.
Unter diesem Link kann die Studie heruntergeladen werden.
MIGRATION AND ASYLUM POLICIES SYSTEMS’ NATIONAL AND SUPRANATIONAL REGIMES. The General Framework and the Way Forward
Herausgegeben von GIUSEPPE CATALDI (Università die Napoli Orientale) und PETER HILPOLD (Universität Innsbruck).
Sie können diesen Open-Access-Band hier herunterladen.
AKTUELLE TERMINE
Mittwoch, 21. Juni 2023, 18.30 Uhr
Büro von FLUCHTpunkt, Innsbruck, Jahnstraße 17
SOLI-SOMMER-ABEND bei FLUCHTpunkt
Mehr Information
Samstag, 24. Juni 2023, 11.00 bis 20.00 Uhr
Fest der Vielfalt der Stadt Innsbruck
Tiroler Volkskunstmuseum, Universitätsstraße 2
mehr Information
Samstag, 1.Juni 2023 ab 16:00
Initiative Bürglkopfschliessen: Solievent im Walterpark in Innsbruck
mehr Information
31. Juli 2023
Ende der Einreichfrist Nationale Integrationsförderung – Förderungsaufruf für Projekteinreichungen 2024 und 2025
Veranstaltungsreihe füreinander.einstehen von Mai bis Dezember 2023
Von Mai bis Dezember 2023 werden verschiedene Veranstaltungen in Innsbruck die Bedeutung der Menschenrechte unterstreichen. Denn auch in Österreich ist die Einhaltung der Menschenrechte nicht selbstverständlich.
Programmübersicht - Zu den Detailinfos und zur Anmeldung
24/06/23 Kreativworkshop Fest der Vielfalt
14/07/23 Workshop Stationentheater
30/08/23 Workshop Kinderrechte
05/10/23 Vortrag Macht d. Menschenrechte
13/10/23 Vortrag Imperiale Lebensweise
18/10/23 Gespräch Schubhaft
19/10/23 Tagung Tiroler Integrationsenquete
20/11/23 Austausch Recht auf Bildung
30/11/23 Lesungen Sprachkunst
10/12/23 Aktion Lichtermeer für Menschenrechte
Eine Veranstaltungsreihe von: Haus der Begegnung der Diözese Innsbruck · Initiative Minderheiten Tirol · Stadt Innsbruck, Abteilung für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration der Stadt Innsbruck · Plattform Asyl – FÜR MENSCHEN RECHTE
10. November 2023, 9.00 bis 17.30 Uhr
Haus der Begegnung, Innsbruck
PsychTransKult Tagung: (Anti)Rassismen in der sozialen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Arbeit. Anknüpfen und neu denken.
zur Anmeldung
STELLENAUSSCHREIBUNGEN
- Stellenausschreibung Fachbereich Kinder und Jugendliche im Frauenhaus Tirol
- Dissertationsstelle am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck im Bereich Postmigrantische Studien
- Sommer im Archiv: Praktikum im DAM möglich!
- Stadtmagistrat Innsbruck: Zahlreiche freie Stellen sind derzeit im Stadtmagistrat Innsbruck ausgeschrieben, von der Grünanlagenpflege über Verwaltung und Kinderbetreuung. All jene, die vielleicht denken "Bei der Stadt bekomme ich ohnehin keine Anstellung" - sind herzlich eingeladen, sich zu bewerben und ggf. überraschen zu lassen.
- Persönliche Assistenz - Aktuelle Stellenausschreibungen des SLI
- Aktuelle Stellenausschreibungen SOS Kinderdorf
- Aktuell: Freie Stellen bei den TSD
- Aktuell: Freie Stellen bei den ISD
- Aktuelle Jobausschreibungen der Lebenshilfe Tirol
- Aktuelle Jobausschreibungen der Caritas Tirol
- Aktuelle Jobausschreibungen des ÖIF
- und viele weitere auf der ÖH-Jobbörse
Impressum IMZ-Newsletter:
Leitende Redakteurin: Mag.a Andrea Moser BA Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Redaktion und Lektorat: Dr.in Miriam Hill, Mag.a Michaela Nindl, Tuğba Şababoğlu MA, Mag.a Christina Hollomey-Gasser
Herausgeber: ZeMiT – Zentrum für Migrantinnen und Migranten in Tirol, Andreas-Hofer-Str. 46/1, 6020 Innsbruck; vertreten durch Mirjana Stojaković, GFin ZeMiT
www.imz-tirol.at
Das IMZ ist ein gemeinsames Projekt von Land Tirol/Abteilung Gesellschaft und Arbeit - Diversität und ZeMiT.