von Andrea Moser
Am Dienstag, den 23. September 2025, feiern wir ein Jubiläum, das mehr ist als ein runder Geburtstag: 40 Jahre ZeMiT bedeuten 40 Jahre Einsatz für die Rechte, Chancen und Perspektiven von Menschen mit Migrationserfahrung in Tirol – kostenlos, vertraulich, unabhängig und mehrsprachig.
Von der Ausländerberatungsstelle zur zentralen Anlaufstelle in Tirol
Als 1985 die Ausländerberatungsstelle Tirol ihre Türen öffnete, war Integration in Österreich noch kein politisches Schlagwort. Damals bestand das Team aus drei Personen: einem österreichischen, einem türkischsprachigen und einer serbokroatischsprachigen Beraterin. Heute arbeiten 23 Mitarbeiter:innen an mehreren Standorten in Tirol und Vorarlberg – in Innsbruck, Imst, Kufstein, Landeck, Telfs und Wörgl. Diese Präsenz stellt sicher, dass Beratung nicht an Bezirksgrenzen haltmacht.
Vielfalt, die gelebt wird
„Im ZeMiT ist Vielfalt drin, weil sie draufsteht“ – dieser Satz ist keine Werbezeile, sondern gelebte Realität. Im Team werden 18 Sprachen gesprochen, von Türkisch bis Farsi, von Ukrainisch bis Französisch. Die meisten Beratungen finden in Deutsch oder in der Muttersprache der Ratsuchenden statt – das schafft Vertrauen und öffnet Türen.
Angebote in der Beratung – vom Arbeitsplatz bis zur Anerkennung von Abschlüssen
ZeMiT berät in fast allen Lebensbereichen, mit dem Ziel, Menschen zu stärken und in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen. Ein Schwerpunkt liegt auf fairen und sicheren Arbeitsplätzen. Ein weiteres Herzstück: die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen – damit hochqualifizierte Fachkräfte entsprechend ihrer Ausbildung arbeiten können. Mit der Anlaufstelle für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen (AST) leisten wir einen direkten Beitrag zur Fachkräftesicherung. Allein 2024 zählten wir 4.934 Klient:innen – mit 8.752 Beratungsleistungen in der allgemeinen Beratung, 1.084 Personen in der Anerkennungsberatung und 1.554 Klient:innen in Vorarlberg. Die Anfragen werden komplexer, der Bedarf steigt – doch die Ressourcen nicht.
Projekte: Akzente auf vielen Ebenen
Zusätzlich zur Beratung setzen wir mit einer umfassenden Projekttätigkeit Akzente in vielen Gesellschaftsbereichen und melden uns zu Wort.
Das Dokumentationsarchiv Migration Tirol sammelt Migrationsgeschichte(n) in ihren unterschiedlichen Facetten und archiviert diese nach wissenschaftlichen Standards, um sie für die Forschung nutzbar zu machen. Mit ARAtirol - Antirassismusarbeit Tirol – bieten wir Unterstützung für Betroffene und Bildungsarbeit gegen Diskriminierung. Mit Ausstellungen wie heimat<loser, Flucht ist nicht flüchtig und Kulturprojekten wie Remembering 2015 oder Safe Spaces Speak setzen wir Impulse im Bereich der kulturelle und gesellschaftliche Bewusstseinsbildung. Im Bereich der Bildungs- und Wertearbeit bieten wir Workshops für Schüler:innen und Lehrende an und setzen Projekte mit Universitäten und Gemeinden um. Darüber hinaus betreiben wir eine Fachbibliothek, ein Newsletter-Service und bringen unsere Expertise in der Entwicklung digitaler Angebote ein - im Rahmen von Tele-Care und dem digitalen Sozialroutenplan.
Wachsende Belastung, schrumpfende Mittel
Unsere Angebote im Bereich der Beratung und der Projektarbeit führen wir im Auftrag unterschiedlicher Träger durch (v.a. Bundesministerium, AMS, Land) - entsprechende Anträge werden jährlich gestellt und geprüft, ebenso jährlich abgerechnet und begutachtet. Seit Jahren wurden die Förderungen nicht an die Teuerung angepasst, jetzt werden sie sogar gekürzt. Das trifft uns in einer Zeit, in der viele Menschen unter wirtschaftlichem, sozialem und psychischem Druck stehen. Diese gesellschaftliche Anspannung spüren auch unsere Berater:innen: Sie müssen mit weniger Mitteln immer komplexere Fälle bearbeiten. Gleichzeitig dürfen wir – aus rein finanziellen Gründen – hochqualifizierte Menschen im Ausland, die in Österreich dringend gebraucht würden, nicht beraten.
40 Jahre ZeMIT – mit Blick in die Zukunft
Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Wir sind stolz auf jede gelungene Anerkennung, auf jede gelöste Beratungssituation, auf jedes Projekt, das Menschen stärkt und verbindet. Aber wir sind auch besorgt: Wenn die Rahmenbedingungen weiter verschlechtert werden, droht ein schleichender Abbau von Angeboten, die seit Jahrzehnten unverzichtbar sind – für Betroffene, für den Arbeitsmarkt, für die Gesellschaft. ZeMiT hat in 40 Jahren gezeigt, wie Integration und Teilhabe gelingen können – verlässlich, professionell, menschlich. Dieses Fundament darf nicht durch Kürzungen erodieren. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind gefragt: Unterstützen Sie unsere Arbeit, sichern Sie die Finanzierung, erweitern Sie die Möglichkeiten. Denn wer heute in Beratung und Teilhabe investiert, investiert in den sozialen Frieden, in die Wirtschaftskraft und in die Zukunft Tirols.
Andrea Moser ist Leiterin des Bereichs Projekte und zuständig für Öffentlichkeitsarbeit.