IMZ-Newsletter #8
Dezember 2010
Diesmal mit folgenden Themen:
- Wohnen und Migrationsgesellschaft in Tirol
- Vielfalt daheim in Tirol: Eine Wanderausstellung thematisiert Migration
- MigrantInnen in Tiroler Parteien
- Förderung für Tiroler Integrationsprojekte
- Hier geblieben! Bericht von der Bleiberechtsdemo am 10. Dezember
- Buchrezension: "Flucht - Migration - Illegalisierung. Migrations- und Fluchterfahrungen von Frauen
unter Bedingungen aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit und Prekarisierung." - Rot - Weiß - Rot Karte: Altes in neuem Gewand? Ein Kommentar von Stephan Blassnig
- Call for papers: "Social Mobility and Migration. Multidisciplinary Perspectives."
- Ausschreibung der SozialMarie 2011
- Ankündigungen
- Linktipps
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Wohnen und Migrationsgesellschaft in Tirol |
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Das Thema Wohnen ist häufig Gegenstand integrationspolitischer Debatten. Viele Konflikte, die im Zusammenleben von Menschen in Städten auftreten, werden kulturellen Unterschieden zugeschrieben, sind aber tatsächlich auf soziale Distanz zurückzuführen. Im November letzten Jahres sorgte die mittlerweile wieder abgeänderte Wohnungsvergaberichtlinie der Stadt Wörgl (Deutschkenntnisse als Voraussetzung für den Erhalt einer Wohnung und Quotierung der Anzahl von Menschen mit Drittstaatsangehörigkeit) für einigen medialen und politischen Wirbel. Ein aktuelles Projekt des Zentrums für MigrantInnen in Tirol (ZeMiT) beleuchtet die Wohnsituation von MigrantInnen in Tirol und den Zusammenhang zwischen öffentlicher Wohnungsvergabe und Integration in Kommunen. Im Rahmen dieses Projekts trafen sich am 4. November 25 VertreterInnen von Gemeinden, Wohnbaugesellschaften, MieterInnenberatungsstellen sowie WissenschafterInnen zu einer Fachtagung mit dem Themenschwerpunkt „Wohnen & Migrationsgesellschaft“. Andrea Moser, Projektmitarbeiterin im ZeMiT, legte die Ergebnisse einer Befragung zur Wohnungsvergabe in zehn Tiroler Gemeinden dar. Ursula Reeger, Forscherin am Institut für Stadt- und Regionalforschung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, referierte am vormittag über "Segregation von MigrantInnen in urbanen Räumen". Im Anschluss an die Tischgespräche am nachmittag präsentierte August Gächter, Diskriminierungsforscher am Zentrum für Soziale Innovation - ZSI, anhand einer Auswertung des Mikrozensus (vierteljährlich wiederholende Befragung repräsentativ ausgewählter Haushalte in Österreich zu verschiedenen Themen) ausschlaggebende Faktoren für die Wohnraumsituation von Menschen mit Migrationshintergrund. Die Dokumentation der Fachtagung „Wohnen & Migrationsgesellschaft“mit den Powerpoint-Präsentationen zu den Vorträgen finden Sie hier. |
Eine Wanderausstellung zum Thema Migration. Heimat, Integration, Migration und Identität sind Gegenstand einer Wanderausstellung, die 2011 in 8 Tiroler Gemeinden gezeigt wird. |
Das Projekt "Vielfalt daheim in Tirol" wird 2010/11 vom JUFF -Fachbereich Integration mit finanzieller Unterstützung aus dem Europäischen Integrationsfonds durchgeführt. Insgesamt 119 Personen wirkten in Arbeits-, Diskussions- und Forschungsgruppen mit, in denen 2010 die Exponate der Ausstellung entstanden. Der Anspruch war, Stimmen von Personen mit Migrationserfahrungen in der Diskussion um Zuwanderung und Integration verstärkt hörbar zu machen. So vielfältig wie die individuellen Erfahrungen sind auch die Exponate der Ausstellung: „Lach-Installation mit Fahrrad“, „DRESS-CODE“, „Ich bin Da“ und viele mehr. Aus der Kooperation mit dem berufskundlichen Hauptschulkurs des bfi entstand die Installation“Entgrenzer”, Audio- und Videoarbeiten dokumentieren Antworten auf Fragen wie “Wo fühlen Sie sich zugehörig” oder “Sind Sie in diese Gesellschaft integriert?”. Die Ergebnisse eines Fotoworkshops für Jugendliche sowie Textbeiträge zum Migrationsdiskurs beleuchten verschiedene Blickwinkel von Integrationserfahrungen. |
MigrantInnen in der Politik MigrantInnen sind stärker politisch interessiert als ÖsterreicherInnen. Dieses Ergebnis einer Studie des neu gegründeten Meinungsforschungsinstituts Ethnopinion sorgte Anfang Dezember in ORF, Tiroler Tageszeitung, Standard und Presse für Schlagzeilen. Wie sieht es in Tirol mit der aktiven Teilhabe am politischen Geschehen aus? |
Geantwortet haben das Bürgerforum - Liste Fritz, die SPÖ Tirol und die Grünen Tirol. Keine Antwort kam von der ÖVP, der FPÖ und dem Bürgerklub Tirol. Die Liste Fritz antwortete auf unsere Fragen: Die Antwort der SPÖ Tirol lautet:
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Förderungszusagen für Tiroler Integrationsprojekte 6 Tiroler Integrationsprojekte erhalten im kommenden Jahr Förderungen aus dem Europäischen Integrationsfonds. Wir stellen einige von ihnen vor. |
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BFI: Verein Multikulturell: Zentrum für MigrantInnen in Tirol - ZeMiT:
Ebenfalls gefördert werden die Projekte "Mut zur Integration" (Integrationszentrum Wörgl - IGZ), |
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Hiergeblieben! Demonstration für ein Bleiberecht in Innsbruck Am 10. Dezember, den Internationalen Tag der Menschenrechte, rief ein breites gesellschaftliches Bündnis von über 30 Organisationen zu einer Kundgebung für ein Bleiberecht auf. |
Trotz eisiger Kälte kamen rund 700 Menschen in die Maria-Theresien-Straße und gingen in einem Fußmarsch mit Fackeln, Transparenten und unterstützt von Trommler_innen zum Vorplatz des Landestheaters. Dort fand die Schlusskundgebung mit zahlreichen kurzen Reden statt. Ein starkes politisches Zeichen gegen die Asyl- und Abschiebepolitik der österreichischen und der europäischen Regierungen. Die Forderungen der "Initiative Bleiberecht" finden sich auf der Homepage http://www.initiative-bleiberecht.at/ |
Rezension |
"Flucht - Migration - Illegalisierung. Migrations- und Fluchterfahrungen von Frauen unter Bedingungen aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit und Prekarisierung". Mag.a Kerstin Hazibar untersucht in ihrer Diplomarbeit frauenspezifische Aspekten von Migration und Flucht. Sie wurde dafür mit dem mit 3.000€ dotierten Preis für frauen/geschlechtsspezifische Forschung der Universität Innsbruck ausgezeichnet |
Die akademische Abschlussarbeit von Mag.a Kerstin Hazibar beschäftigt sich mit weiblichen Migrations- und Fluchtbiographien im Spannungsverhältnis von aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit und alltäglicher Lebens- bzw. Überlebenssicherung unter prekären sozialen und politischen Bedingungen. Sie handelt von der weiblichen Seite irregulärer Migration, von Frauen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, deren Daseins- und Teilhaberechte durch fremden- und asylrechtliche Bestimmungen bedroht sind. In einer theoretischen Einführung in das Thema werden gesellschaftliche und politische Marginalisierungs- und Ausschlussprozesse und |
Kommentar |
Rot-weiß-rot-Karte - Altes in neuem Gewand? von Stephan Blassnig |
Anfang Dezember 2010 präsentierte Innenministerin Maria Fekter gemeinsam mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner die "neuen" Voraussetzungen für die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern ("Drittstaaten").
Ab Juli 2011 soll die Zuwanderung nach Österreich mit einem Punktesystem für ArbeitsmigrantInnen geregelt werden, für den Familiennachzug sollen Deutschkenntnisse schon im Herkunftsland nachgewiesen werden. Ab dem Jahr 2012 soll dann die bisherige Niederlassungsverordnung, ein in Europa fast einmaliges Quotensystem zur "Steuerung" von Zuwanderung, zugunsten der Rot-weiß-rot-Karte Geschichte sein. "Mit der neuen ‚Rot-Weiß-Rot Karte’ können wir den Kampf um die besten Köpfe weltweit offensiv angehen", sagte Wirtschaftsminister Mitterlehner optimistisch. Diese Einschätzung könnte einer massiven Fehlinterpration der Attraktivtät Österreichs als Lebens- und Arbeitsstandort für Nicht-EU-BürgerInnen unterliegen. Schon unter dem aktuellen Fremdenrechtsregime wurde nur die Hälfte der Quote für "Schlüsselarbeitskräfte" erreicht. Und wenn hochqualifizierte MigrantInnen von der Polizei in U-Bahnen für "kriminelle Drogendealer" gehalten und dabei schwer verletzt werden, steigert das nicht unbedingt den Ruf Österreichs als "offenes und tolerantes" Land für Zuwandernde.
Sozialminister Hundstorfer beeilte sich außerdem zu betonen, dass "durch diese Regelung nicht mehr Menschen zuwandern als jetzt, sondern besser qualifizierte." Tatsächlich rechnen die Ministerien mit rund 8.000 Neuzuzügen aus Drittstaaten - exakt so viele wie in den jährlichen Niederlassungsverordnungen der letzten zehn Jahre. Die "Rot-weiß-rot"-Karte also ein altes System in neuen Gewanden? Das einzig neue ist die ziemlich offen ökonomisch argumentierende Selektierung: Während "ElitenmigrantInnen"
keine Deutschkenntnisse vor der Einreise nachweisen müssen, soll dies für Menschen, die über Familiennachzug nach
Österreich kommen wollen, ab 1. Juli 2011 verbindlich sein. Quod licet iovi, non licet bovi! Was den Privilegierten erlaubt sei, gilt für die zu Marginalisierenden noch
lange nicht! Die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf endet mit Ende Jänner 2011. |
Call for papers "Social Mobility and Migration. Multidisciplinary Perspectives" |
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Im Rahmen des Projekts "Migralp" findet am 21. Juni 2011 eine internationale Konferenz zu sozialer Mobilität und Migration statt. Für diese Veranstaltung, die gemeinsam von der Europäische Akademie Bozen - EURAC und dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol organisiert wird, können bis 15. Jänner abstracts für Präsentationen eingereicht werden. Details zur Ausschreibung und der Tagung finden Sie unter hier. |
Die Ausschreibung zur SozialMarie 2011 läuft Der Preis SozialMarie wird seit 2005 jährlich von der Unruhe Privatstiftung für soziale Innovation vergeben. Ziel der SozialMarie ist es innovative soziale Ideen und deren Umsetzung in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. |
Insgesamt werden 42.000 Euro für 15 Preise verliehen. Der erste Preis ist mit € 15.000, der zweite mit € 10.000 und der dritte mit € 5.000 und die zwölf weiteren mit je € 1.000,- dotiert. Die öffentliche Preisverleihung findet jeweils am 1. Mai im ORF Radio-Kulturhaus, Argentinierstraße 30a, 1040 Wien statt. Zur Einreichung eingeladen sind ProjektbetreiberInnen, die aktuelle soziale Probleme zukunftsweisend aufgreifen. Die Projekte sollen praxiserprobt sein und Zukunft haben. Sie müssen zum Einreichzeitpunkt bereits umgesetzt und gleichzeitig noch am Laufen sein. Eingereicht werden muss das Projekt und nicht die projekttragende Organisation. Die Einreichunterlagen müssen bis spätestens Dienstag, 15. Februar 2011, um 24:00 Uhr bei der Kontaktadresse einlangen. weitere Informationen und die Bewerbungsunterlagen finden Sie hier. |
Ankündigungen |
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weitere aktuelle Termine finden Sie laufend unter http://www.imz-tirol.at/termine.html
Linktipps |
Der Verein Lilie wurde 2006 von in Tirol lebenden türkischen Frauen gegründet und will, unabhängig von nationalen und religiösen Unterschieden, mit Bildungs- und Kulturarbeit dazu beitragen, Solidarität und Zusammenleben aller Frauen fördern. Die Mitglieder des Vereins Alp-inn kommen hauptsächlich aus Bosnien und Herzegowina und teilen eine gemeinsame Leidenschaft: Wandern. Die seit 2009 bestehende Gruppe will vor allem unter MigrantInnen aus ex-jugoslawischen Ländern Wandern und Bergsteigen beliebter machen und lädt Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu gemeinsamen Bergtouren ein. |
Das IMZ ist ein gemeinsames Projekt von Land Tirol /JUFF- Fachbereich Integration und ZeMiT.
Am 10. Dezember, den Internationalen Tag der Menschenrechte, rief in Innsbruck
ein breites gesellschaftliches Bündnis von über 30 Organisationen zu einer Kundgebung für ein Bleiberecht auf.
Trotz eisiger Kälte kamen rund 700 Menschen in die Maria-Theresien-Straße und
gingen in einem Fußmarsch mit Fackeln, Transparenten und unterstützt von Trommler_innen
zum Vorplatz des Landestheaters. Dort fand die Schlusskundgebung mit zahlreichen kurzen
Reden statt. Ein starkes politisches Zeichen gegen die Asyl- und Abschiebepolitik der
österreichischen und der europäischen Regierungen.
Die Forderungen der "Initiative Bleiberecht" finden sich auf der Homepage
http://www.initiative-bleiberecht.at/
Video zur Demo unter: http://www.youtube.com/watch?v=sEdHgZ5abYo