Hoher Bedarf an rassismuskritischer Beratung und Bildung

Am 7. Oktober 2024 präsentierte die Antirassismus-Arbeit Tirol (ARAtirol) ihre Arbeit im Kulturbogen 55 in Innsbruck. Der damals ressortzuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Georg Dornauer betonte dabei die Wichtigkeit rassismuskritischer Arbeit auch angesichts des Rechtsrucks in der politischen Landschaft. Univ.-Prof. Dr. Dirk Rupnow vom Institut für Zeitgeschichte und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von ARAtirol beschrieb in seinem Vortrag das Phänomen der Tabuisierung von Rassismus. Dr.in Miriam Hill (Leitung ARAtirol) gab darüber hinaus einen umfassenden Einblick in die Aufgabenbereiche, Ziele und Anforderungen einer rassismuskritischen Arbeit. Dabei betonte sie die Wichtigkeit von Beratungs- und Bildungsangeboten und beschrieb die Bedeutung von Dokumentations-, Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Anschließend erfolgte eine Podiumsdiskussion, bei der auch die Geschäftsführerin des Zentrums für Migrantinnen und Migranten in Tirol - ZeMiT, Mirjana Stojakovic, aus ihrer langjährigen Beratungspraxis von konkreten Rassismuserfahrungen ihrer Klient:innen berichten konnte.
Zahlreiche Personen aus dem sozialen und öffentlichen Bereich sowie aus dem Bildungs- und Beratungssektor folgten der Einladung von ARAtirol. Sie nutzten die Gelegenheit, wertvolle Impulse zu erhalten und sich mit anderen Institutionen auszutauschen.


ARAtirol ist seit 2020 am ZeMiT angesiedelt. Die Aufgaben reichen von Einzelfallberatung und Dokumentation über Bildungsmaßnahmen für Jugendliche und Erwachsene bis hin zu Vernetzungsarbeit und Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Univ.-Prof. Dr. Dirk Rupnow beschrieb in seinem Vortrag, dass rassistische Diskriminierung vor allem im deutschsprachigen Raum tabuisiert wird. Dabei bezog er sich auch auf Vorkommnisse, die in jüngster Zeit medial präsent waren, wie z.B. die rassistischen Inszenierungen zu Fasching in Thaur: „Es gibt wenig Bereitschaft, über Rassismus zu sprechen, und gerade im Brauchtum wird gerne mit Tradition argumentiert, als wäre das eine Entschuldigung. Wenn es aber eine rassistische Tradition gibt, dann ist es umso wichtiger, sich damit auseinanderzusetzen", so Rupnow.

Auch von Seiten der Tiroler Landesregierung wurde betont, dass eine Öffnung zu einer vielfältigen Gesellschaft noch weiter vorangetrieben werden müsse. Hier brauche es mehr politische Unterstützung sowie rassismuskritische Sensibilisierungsarbeit.

Dr. Miriam Hill stellte in ihrer Präsentation Fälle aus der Beratungspraxis vor und unterstrich hierbei die Alltäglichkeit von Rassismus. So wurde konstatiert, dass eine Vielzahl an Menschen, die als „anders“ markiert werden, Rassismuserfahrungen in unterschiedlichen Bereichen (Arbeit, Wohnen, Bildung etc.) machen. Dies betrifft auch Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, geboren und aufgewachsen in Tirol. Exemplarisch wurde die Rassismuserfahrung eines Jugendlichen beschrieben, der sich wiederholten Polizeikontrollen aussetzen musste, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gab. In der Beratung erhielt er wichtige Informationen über seine Rechte und wie er sich zukünftig bei ähnlichen Vorfällen verhalten kann. Zentral war hier jedoch, dass der Jugendliche bei ARAtirol ernst genommen und empowert wurde - das Sprechen über Rassismus war in einem safe space möglich. Im Weiteren hob Miriam Hill hervor, dass es sich bei Rassismus um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt, das sowohl individuelle, institutionelle als auch strukturelle Ebenen mit einbezieht.

Derzeit wird ARAtirol vom Land Tirol und der Stadt Innsbruck im Ausmaß einer Teilzeitstelle finanziert. Die Teilnehmenden der Veranstaltung waren sich einig, dass dies angesichts des steigenden Bedarfs an rassismuskritischer Arbeit nicht ausreicht. Wir von ARAtirol plädieren daher für ein noch stärkeres Engagement in der rassismuskritischen Arbeit. Dafür braucht es eine solide Finanzierung, damit wir auch weiterhin Menschen mit Unterstützungsbedarf beraten und unsere Bildungsangebote umsetzen können. Ziel muss es sein, neue Impulse für die Weiterentwicklung einer demokratischen Gesellschaft zu setzen, um Diskriminierungsfreiheit als Menschenrecht zu verwirklichen und eine Zukunft für alle zu gestalten.

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